Sport, Knochen und Gelenke

Ultraschall-Einsatz gegen Rückenleiden

Fehlbelastungen, Nervenschäden und Verschleißerscheinungen an der Wirbelsäule können zu Entzündungen und schmerzhaften Bewegungseinschränkungen führen. Der Ultraschall bietet neue innovative diagnostische und therapeutische Verfahren in der Schmerztherapie von Rückenleiden.

17.11.2021

Sonografisch geführte Injektionen in Wirbelgelenke oder an die Nervenwurzeln können Schmerzen reduzieren und erst so weitere Behandlungsformen wie eine Physiotherapie ermöglichen. Darauf weist die Deutsche Gesellschaft für Ultraschall in der Medizin e. V. (DEGUM) hin. Durch eine ultraschallgeführte kurzfristige Ausschaltung von Nerven könne außerdem der Schmerzursprung identifiziert werden.
Schmerztherapeutische Interventionen an der Wirbelsäule sind nicht neu – sie sind unter Anwendung der Computertomografie bei Patienten mit chronischen Wirbelsäulenbeschwerden seit Jahrzehnten etabliert. Neu ist allerdings, dass diese Verfahren auch unter Anwendung des strahlungsfreien Ultraschalls durchgeführt werden können. Durch die Anwendung der Sonografie können Röntgenstrahlen vermieden werden, was zur Reduktion von Strahlenbelastung führt. Zahlreiche Studien belegen, dass es dabei nicht zu Einschränkungen in der Behandlungsqualität kommt. „Der Einsatz moderner Ultraschallgeräte bietet enorme diagnostische und therapeutische Möglichkeiten in der Schmerzmedizin“, sagt Dr. med. Karsten Pracht, Chefarzt der Klinik für Anästhesie, Intensivmedizin, Schmerztherapie und Palliativmedizin an den Sana Kliniken Leipziger Land in Borna. Ultraschallgestützte Interventionen hätten vor allem in der Diagnostik und bei akuten Bandscheibenvorfällen eine sehr gute Evidenz.
Pracht und seine Mitarbeiter führen die ultraschallgestützten Interventionen seit rund vier Jahren durch. In der Regel handelt es sich dabei um sogenannte Facettenblockaden. Dabei führen die Ärzte unter Ultraschallkontrolle eine Punktionsnadel an das schmerzverursachende Wirbelgelenk oder die gereizte Nervenwurzel und spritzen anschließend ein Schmerzmittel – gegebenenfalls in Kombination mit einem Kortison – zur Schmerzlinderung und Entzündungshemmung. „Unser Ziel ist es, den Schmerz so weit zu reduzieren, um weitere Maßnahmen zum muskulären Aufbau wie zum Beispiel Physiotherapie durchführen zu können“, sagt Pracht, der auch der Leiter der Sektion Anästhesiologie der DEGUM ist. Unter den akuten Schmerzen sei es den Betroffenen oftmals kaum möglich, physiotherapeutische Übungen auszuhalten. „Ohne die Intervention wären hohe Dosen von Opioiden notwendig, die den ganzen Körper negativ beeinträchtigen würden, auf diese Weise aber überflüssig sind.“ Die ultraschallgestützten Interventionen seien Bestandteil eines multimodalen schmerztherapeutischen Konzeptes und dürften niemals losgelöst voneinander betrachtet werden.
Ultraschallgeführte Verfahren können aber auch an peripheren Nerven am gesamten Körper eingesetzt werden und gelten hier bereits als Goldstandard. „Um Schmerzen zu behandeln, müssen wir zunächst ihren Ursprung exakt zuordnen“, sagt Pracht. „Wenn ein gemischtes Nervenversorgungsgebiet vorliegt, kann ich mit unserem Verfahren gezielt einen Nerv ausschalten, ohne andere Nerven mit zu blockieren.“ Das funktioniere nur für wenige Stunden. Man könne so jedoch herausfinden, ob der Schmerz durch einen oder durch mehrere Nerven bedingt ist und durch welche. Im Anschluss könnten die Schmerzmediziner die Therapie individuell planen.

Weitere Anwendungsgebiete

Mit Ultraschall kann der Arzt nahezu jedes Weichteilgewebe untersuchen. Luftgefüllte Hohlräume oder Organe wie Lunge oder Darm absorbieren, streuen und reflektieren dagegen den Schall zu stark und ergeben deshalb kein klares Bild. Auch Knochen lassen sich damit schlecht untersuchen. Die Untersuchung mittels Ultraschall ist strahlungsfrei. Sie verursacht im Allgemeinen keine Nebenwirkungen und kann auch bei Patienten eingesetzt werden, bei denen sich eine Computer- und Kernspintomografie nicht eignet. Außerdem können immobile Patienten mit einem tragbaren Ultraschallgerät direkt am Krankenbett untersucht werden. Eine viel versprechende Weiterentwicklung sind Ultraschall-Kontrastmittel (Kontrastmittel-Sonografie). Mit ihrer Hilfe kann der Arzt die Durchblutung von Blutgefäßen und Organen besser beurteilen und Tumore beziehungsweise Metastasen genauer untersuchen.

(red)