Augen, Nase und Ohren

Traue Deinen Ohren nicht...

12.07.2021
Auf die Ohren muss nicht immer Verlass sein.	 Foto: AdobeStock/Kalim Auf die Ohren muss nicht immer Verlass sein. Foto: AdobeStock/Kalim

Dass man seinen Augen nicht immer trauen kann, ist hinlänglich bekannt. Gleiches gilt jedoch auch für die Ohren. Neurowissenschaftler der TU Dresden haben herausgefunden, dass die menschliche Hörbahn Geräusche nicht immer so verarbeitet, wie sie tatsächlich auftreten. Sie kann sie auch entsprechend vorheriger Erwartungen wiedergeben.

Von neurologischen Forschungen der vergangenen 20 Jahre war bereits bekannt, dass die Großhirnrinde ständig Vorhersagen darüber erstellt, was als nächstes passieren wird und mittels Neuronen sensorisch verarbeitet. Die Dresdner Forscher konnten in ihrer Studie, die kürzlich in der renommierten Fachzeitschrift „eLife“ veröffentlicht wurde, nachweisen, dass auch bereits die Hörbahn, die das Ohr mit der Großhirnrinde verbindet, so arbeitet.

Für die Studie nutzte das Team die funktionelle Magnetresonanztomographie (fMRT), um die Gehirnreaktionen von 19 Teilnehmenden zu messen, während diese Tonfolgen hörten. Dabei bekamen sie abweichende Klangreihenfolgen zu hören. Die Wissenschaftler untersuchten ihre Reaktion in zwei wichtigen Kernen der Hörbahn, die für die auditorische Verarbeitung verantwortlich sind. Obwohl die Teilnehmenden die abweichenden Töne schneller erkannten, wenn sie an Positionen platziert wurden, an denen sie diese erwarteten, verarbeiteten die Kerne der Hörbahn die Töne nur, wenn sie an unerwarteten Positionen platziert wurden.

„Unsere Überzeugungen haben einen entscheidenden Einfluss darauf, wie wir die Realität wahrnehmen“, erklärt Dr. Alejandro Tabas, Erstautor der Studie. Die Ergebnisse ermöglichen der neurowissenschaftlichen Forschung nun einen neuen Blick auf die Hörbahn. So wurde zum Beispiel die Lese-Rechtschreibschwäche bereits mit veränderter Verarbeitung in der Hörbahn und mit Schwierigkeiten der auditorischen Wahrnehmung in Verbindung gebracht. Die Studien-Ergebnisse könnten eine einheitliche Erklärung dafür liefern, warum Menschen mit Lese-Rechtschreibschwäche Schwierigkeiten bei der Wahrnehmung von Sprache haben. (dho)