Augen, Nase und Ohren

Glückshormone pur beim Musikhören

Musik macht glücklich. Bei gutem Jazz schnipsen und swingen die meisten Zuhörer schon fast von selbst mit, andere schweben bei Opernmusik im Siebten Himmel. Wie kommt das und was passiert beim Musikhören im Gehirn?

24.09.2021

Es sind verzauberte Klänge, die aus dem Orchestergraben steigen: Spinnwebenfein, flirrend. Mit allerhöchsten, allerzartesten und fast überirdisch anmutenden Tönen setzen die Geigen ein: Kaum jemand, der die Ouvertüre zu Richard Wagners romantischer Oper „Lohengrin“ zum ersten Mal hört, bleibt von ihr unberührt. Und wenn es dann weitergeht mit der bittersüßen Geschichte des Gralsritters und mit den Klängen, die mal mit wuchtiger Inbrunst, mal mit zarter Intensität von Sängern und Musikern gezaubert werden, sind Opernfans hingerissen.
Musik beeinflusst Körper und Geist, wirkt sich unmittelbar auf die Stimmung aus. Doch wie funktioniert das?
Der Schall wird vom Innenohr über den Gehörnerv an den Hirnstamm weitergeleitet. Bis der Hörer den Klang aber ganz bewusst wahrnimmt, überwindet er mehrere Stationen, in denen die akustischen Reize

verarbeitet werden. Im Gehirn sind mehrere Zentren an der Musikwahrnehmung beteiligt, so ist der auditorische Kortex ebenso involviert wie eines der beiden Sprachzentren und sogar motorische und visuelle Areale. Zusätzlich ist das limbische System, das Emotionszentrum im Gehirn, ebenso wie das Belohnungssystem beteiligt - das gilt ebenso fürs Selbst-Musizieren wie fürs Musikhören. Nicht auf jeden hat die gleiche Musik den gleichen Effekt: Ist an ein Stück eine bestimmte Erinnerung gekoppelt, kann es entsprechende Emotionen auslösen

ob positiv oder negativ.
Beim Musizieren und Musikhören schüttet das Gehirn Glückshormone aus, die das Stresshormon Cortisol reduzieren. Zusätzlich wird Dopamin ausgeschüttet

der Neurotransmitter wirkt motivierend und positiv auf das Belohnungssystem im Gehirn ein. Damit hat Musik die gleiche Wirkung wie Sport, Sex oder sogar manche Droge. Und sie schafft noch mehr: Wer gemeinsam mit anderen Musik macht oder ein Konzert hört, produziert vermehrt das Bindungshormon Oxytocin, wie „Simply Science“ auf seiner Webseite informiert. Alles zusammen führt sogar dazu, das neben Stress auch Schmerzen abgebaut werden. Verschiedene Untersuchungen haben gezeigt, dass Musik zudem eine Steigerung der Produktion von Antiköpern bewirkt. Und auch in der Behandlung von ganz unterschiedlichen Erkrankungen hat sich der Einsatz von Musik bewährt.
Um einen positiven Effekt zu spüren, ist es gar nicht nötig, nur fröhliche Musik zu hören oder zu machen: Auch wenn man traurig ist, stärkt entsprechende Musik das Wohlbefinden. Die größte Wirkung erzielt natürlich die Musik, die dem Hörer am besten gefällt: Und so sind Wagner-Fans rundum glücklich, wenn sie fünf Stunden nach dem Beginn der Lohengrin-Ouvertüre aus dem Theater kommen. (eva)