Augen, Nase und Ohren

Mehr Tinnitus-Fälle seit Corona

Seit Beginn der Corona-Pandemie nimmt die Anzahl der Tinnitus-Patienten stetig zu. Schlafmediziner Dr. Michael Feld erklärt die Zusammenhänge und welche Therapien dagegen helfen können.

28.04.2021

Inwiefern kann die Corona-Pandemie die Entstehung eines Tinnitus fördern?
Als Ursachen sind Entzündungen im Ohr, Lärmschäden (wie z. B. Knalltraumata) ein Hörsturz oder starker Stress möglich. Eine aktuelle Studie des Tinnituszentrums der Universität Regensburg ergab, dass die Tinnitusbelastung der Teilnehmer im April 2020 signifikant höher war als zwei Jahre zuvor. Die Forscher vermuten, dass dies stark mit dem erlebten Corona-Stress zusammenhängt.

Was kann man dagegen tun?
Wer länger als ein paar Stunden unter störenden Ohrgeräuschen leidet, sollte umgehend einen Arzt aufsuchen. In den ersten 24 Stunden nach Auftreten wird der Tinnitus meist mit Kortison oder anderen gefäßerweiternden Medikamenten behandelt – eine Methode, auf die Patienten nicht immer ansprechen. Für rund 340.000 Betroffene im Jahr bedeutet das: Diagnose chronischer Tinnitus.

Welche Behandlungsmethoden können helfen?
Neben Entspannungstechniken, wie dem autogenen Training, werden verschiedene Körpertherapien angewandt, etwa das Muskel-Biofeedback oder Tai Chi. Das „Tinnitus-Counseling“ ist ein Bewältigungstraining, das den Patienten über den Tinnitus aufklärt und Hilfestellung im alltäglichen Umgang mit den Ohrgeräuschen gibt. Auch eine kognitive Verhaltenstherapie (KVT) kann den Umgang mit den quälenden Ohrgeräuschen verbessern, indem sie von ihnen ablenkt. Sehr vielversprechend scheint auch ein neurowissenschaftlicher Ansatz zu sein.

Wie genau kann dieser Ansatz helfen?
Die Wissenschaft ist sich einig darüber, dass die an der Entstehung und dem Fortbestand beteiligten neuronalen Prozesse in den auditorischen Zentren unseres Gehirns liegen. Dadurch können nicht nur bestimmte Frequenzen schlechter wahrgenommen werden, sondern es werden auch fehlgeleitete Prozesse aktiviert, die dem Gehirn Informationen übermitteln, die zu einer Wahrnehmung des Tinnitus führen.
Eine spezielle Musiktherapie, das sogenannte Tailor-Made Notched Music Training (TMNMT), zielt genau auf diese Ursachen ab. Dabei wird die Musik gefiltert, so dass der Patient im Bereich seiner individuellen Tinnitus-Frequenz keine Töne mehr wahrnimmt und die überaktiven Nervenzellen, die die Ohrgeräusche erzeugen, nicht mehr stimuliert werden können. Laut Studien nimmt dadurch die empfundene Lautstärke als auch die Aktivität der Nervenzellen signifikant ab.
Das Therapiesystem tinniwell etwa basiert auf einer Kombination des TMNMT-Verfahrens und einer Wärmetherapie. Mittels spezieller In-Ear- Kopfhörer mit eingebauter, individuell regulierbarer Heizung kann es bequem zuhause angewandt werden. Bei regelmäßiger Anwendung kann es den Patienten nach wenigen Monaten helfen, ihren Tinnitus spürbar zu reduzieren, so dass sie wieder dauerhaft ohne die bedrückenden Beschwerden leben können. (red)