Alters- und Palliativmedizin

Elektrische Impulse gegen den Schmerz

Chronische Schmerzen belasten Betroffene physisch und psychisch enorm. Dauerhaft starke Schmerzmittel zu nehmen, ist keine gute Option. Doch es gibt Alternativen – wie zum
Beispiel die Rückenmarkstimulation.

17.11.2021

Beim Hinfallen, beim Griff auf die heiße Herdplatte oder beim Schneiden mit dem Küchenmesser – manche Zwischenfälle lösen sofort ein Schmerzgefühl aus. Solche und andere Schmerzreize aktivieren die fast überall im Körper befindlichen Schmerzsensoren, sogenannte Nozizeptoren, die wiederum die Reize als elektrische Impulse über die Nervenfasern an das Rückenmark weiterleiten. Das Rückenmark sendet sie dann an das Gehirn weiter, wo sie schließlich als Schmerz wahrgenommen werden. „Die meisten Schmerzen verschwinden wieder. Doch es gibt Menschen, bei denen sie trotz unzähliger unterschiedlicher Behandlungsversuche anhalten. Dauern sie länger als drei bis sechs Monate an oder treten nach einer bereits abgeschlossenen Behandlung wiederholt auf, gelten sie als chronisch“, sagt Dr. Thorsten Riethmann, Facharzt für Neurochirurgie und Leiter des Instituts für Neuromodulation des zum Klinikverbund St. Antonius und St. Josef gehörenden Petrus-Krankenhaus Wuppertal.
Betroffene erhalten meist bei chronischen Leiden starke Schmerzmittel – deren Einnahme geht jedoch oft mit belastenden Nebenwirkungen einher. Je länger Patienten leiden, desto größere Auswirkungen haben die Beschwerden auf das gesamte Leben. Chronische Schmerzen schränken nämlich nicht nur körperlich ein, sondern wirken sich oft auch belastend auf die Psyche aus. „Als Alternative zu Schmerzmitteln stellt die Rückenmarksstimulation eine Erfolg versprechende Therapiemethode dar. Sie eignet sich zur Behandlung von chronischen Rückenschmerzen, nicht therapierbaren arteriellen Verschlusskrankheiten oder chronischen Leistenschmerzen“, sagt Dr. Riethmann. „Dabei erhalten Patienten während eines minimalinvasiven Eingriffs eine oder zwei feine Elektroden unmittelbar an die Wirbelsäule implantiert.“
Dieser Eingriff findet unter Lokalanästhesie statt, damit der behandelnde Arzt während der Operation mit dem Patienten kommunizieren kann, um so die richtige Lage der Elektroden sicherzustellen. Im Anschluss daran werden sie mit einem kleinen Impulsgeber verbunden. Dieser gibt schwache elektrische Impulse an das Rückenmark ab. Folglich ändert sich das Schmerzsignal, bevor es im Gehirn ankommt: Patienten verspüren anstelle der starken lähmenden Schmerzen nur noch ein sanftes Kribbeln. In der Regel erfolgt eine mehrtägige Testphase, bevor sich Patienten für einen Schmerzschrittmacher entscheiden. Verläuft diese erfolgreich, bekommen Betroffene den Impulsgeber unter die Haut implantiert. Anschließend wird er mit den bereits implantierten Elektroden verbunden. Komplikationen treten nur sehr selten auf und die Krankenkassen übernehmen die Kosten in der Regel.

(red)