Sport, Knochen und Gelenke

Knie-Arthrose durch Achsabweichungen

Unnatürliche Fehlstellungen und Druckbelastungen können den Gelenk- verschleiß in den Knien fördern. Wissenschaftler und Orthopäden haben das nun in einer aufwendigen Studie nachgewiesen.

08.03.2021

Die Unterschiede sind manchmal kaum zu sehen. Bei anderen springen die Verformungen der Beine sofort ins Auge. Nun haben Wissenschaftler nachgewiesen, dass O-Beine nicht nur komisch aussehen, sondern auch in hohem Maße die Entstehung einer Arthrose in den Kniegelenken begünstigen. Vor allem im Zusammenspiel mit Übergewicht. Der Grund: Der Druck verteilt sich nicht mehr gleichmäßig in den Gelenken. Dadurch werden an hochbelasteten Stellen Knorpel und Knochen intensiver als an anderen Stellen abgebaut.

Falsche Achsenwinkel

Beim Menschen verhält es sich ein wenig wie beim Auto, Wenn die Reifen nicht genau ausgerichtet sind: „Wenn beim Auto die Spur falsch eingestellt ist und die Reifen einseitig abgefahren sind, nutzt es auch nichts, neue Reifen aufzuziehen. Solange die Spur nicht richtig eingestellt ist, wird sich auch der neue Satz Reifen schnell abfahren“, sagt Henning Madry, Professor für Experimentelle Orthopädie und Arthroseforschung an der Universität des Saarlandes.
Fünf Jahre lang haben die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler detailreiche, räumliche Aufnahmen der Kniegelenke von Arthrose-Patienten mit O-Bein-Achsabweichung untersucht. Die Forscher haben zudem rund 100 Gewebeproben von explantierten Kniegelenken analysiert, die bei Patienten entnommen wurden, denen eine Prothese eingesetzt wurde.

Knorpelabbau innen

Dabei hat sich eine der zentralen Hypothesen des Teams überraschenderweise nicht bestätigen können: „Wir sind davon ausgegangen, dass die Gradzahl der Abweichung“ – also der Winkel zwischen dem Ober- und Unterschenkel – „mit der Stärke der Arthrose auf der überlasteten Innenseite des Kniegelenks zusammenhängt, also dort, wo bedingt durch den Grad der Fehlstellung der meiste Druck lastet“, sagt Henning Madry. Das ist aber gar nicht so. Obwohl sich der größte Schaden auf der Innenseite fand und der Knorpel dort bei den untersuchten Patienten so gut wie weg war, lag dort kein Zusammenhang mehr zwischen Achsabweichung und Knorpelzerstörung vor.
Diese Erkenntnis hat gravierende Konsequenzen, denn mögliche knorpelregenerative Therapien sind, so Madry, damit an dieser exponierten Stelle so gut wie wirkungslos: „Denn eine Therapie hilft auch nichts, wenn die Ursache, nämlich die Achsabweichung, nicht korrigiert ist. In Frühstadien der Arthrose bei einer gleichzeitigen Achsabweichung sollte man immer auch parallel Letztere behandeln. Außerdem: Je mehr Gewicht auf ein nicht richtig stehendes Gelenk drückt, desto größer der
Schaden. (red)