Sport, Knochen und Gelenke

Auch im Lockdown in Bewegung bleiben

Im Homeoffice kommt so mancher Rücken an seine Grenzen. Beate Lauerbach, Sportwissenschaftlerin und Kieser Training-Expertin aus Würzburg, erklärt, wie man sich dennoch fit halten und Schmerzen vorbeugen kann.

15.03.2021
Foto: Beate Lauerbach

Was macht das Homeoffice so gefährlich für die Rückengesundheit?
Im Homeoffice verbringen die meisten Menschen den Arbeitstag überwiegend in einer statischen Sitzposition. Noch dazu arbeiten viele von uns zu Hause am Laptop. Im schlimmsten Fall sitzen wir dabei zusammengesackt auf der Couch und schauen stundenlang auf unseren Bildschirm. Besonders die nach unten geneigte Kopfhaltung schadet uns: Rund fünf Kilogramm wiegt der Kopf eines Erwachsenen im Durchschnitt. Messungen des US-amerikanischen Wirbelsäulenchirurgen Kenneth Hansraj zeigen: Wenn wir den Kopf um 45 Grad nach vorne beugen, wirken bereits über 20 Kilogramm auf die Strukturen der Halswirbelsäule. Bei 60 Grad sind es über 27 Kilogramm! So kommt es zur permanenten Überbelastung der Muskel- und Sehnenansätze am Hinterkopf. Das kann leicht zu Verspannungen im Schulter-Nacken-Bereich und damit zu Kopfschmerzen führen – selbst bei jungen Menschen.

Worauf sollte ich beim Arbeiten am Schreibtisch achten?
Wichtig ist eine aktive Sitzhaltung! Ohren, Schultern und Hüften sollten in einer senkrechten Ebene sein, die Füße am Boden, die Knie etwas niedriger als die Hüften. Wenn die Schultern entspannt in Richtung Gesäßtaschen gleiten, tut das der Haltung gut. Ein Hohlkreuz vermeiden Sie, indem Sie Bauch und Beckenboden aktivieren, also leicht einziehen. Die Arme sollten möglichst locker von den Schultern herunterhängen und L-förmig, in einem rechten Winkel gebeugt sein, sodass die Unterarme mit Tastatur und Maus in einer Ebene aufliegen. Stellen Sie Ihren Bildschirm eine Armlänge entfernt auf, sodass sich der obere Bildrand auf Augenhöhe befindet. Optimal ist ein höhenverstellbarer Schreibtisch und/oder Bürostuhl, so können Sie alles auf Ihre individuellen Körpermaße einstellen.

Viele trainieren jetzt gezwungenermaßen zu Hause. Was gilt es hier zu beachten?
Generell gilt: Bewegung tut dem Rücken gut. Solange die Studios geschlossen sind, ist es besser, zu Hause zu trainieren, als gar nicht. Auf YouTube und Co. aber werden viele Workouts von Laien angeleitet. Ich rate immer zu einem Training mit entsprechend ausgebildeten Experten. Achten Sie also beim Video-Training darauf, dass dieses von Fachleuten zur Verfügung gestellt und angeleitet wird. Die korrekte Ausführung der Übungen kann dann immer noch tückisch sein. Führen Sie die Übungen nach Möglichkeit mit aktivierter Körpermitte aus, indem Sie Bauch und Beckenboden leicht einziehen. So schützen Sie die Lendenwirbelsäule. Sie können das Krafttraining mit der Atmung unterstützen. Wie im Studio gilt: Machen Sie ausreichend Wiederholungen, bestenfalls bis zur lokalen muskulären Ermüdung – so oft also, bis Sie nicht mehr schaffen.

Warum ist gerade das Krafttraining an Maschinen so effektiv?
In den Lumbal- und Cervical-Extensions-Maschinen (LE/CE) von Kieser Training beispielsweise ist ein isoliertes Aufbautraining der tiefliegenden Rückenstreckmuskulatur hoch effizient und sicher möglich, weil das Bewegungsausmaß individuell festgelegt und die Gewichtssteigerung sehr fein dosiert vorgenommen werden kann. Um in Sachen Rückengesundheit spürbare Erfolge zu erzielen und diese zu halten, braucht es nicht viel Zeit: Ein bis zwei Trainingseinheiten à 30 Minuten pro Woche genügen.

Hilft Krafttraining auch dann, wenn man bereits Rückenpatient ist?
Sicherlich. Besonders Patienten mit chronischen Schmerzen profitieren von einem 1:1 begleiteten Training. Sie können ihre Belastbarkeit und damit ihre Lebensqualität deutlich verbessern. In unserem Würzburger Kieser Training-Studio habe ich im Rahmen einer Studie 1.146 Kunden mit Rücken- und Nackenproblemen beobachtet. Bei 388 Studienteilnehmern/Innen war eine Rückenoperation bereits geplant. Nach durchschnittlich 18 Einheiten an der LE bzw. CE mussten sich nur noch 44 Rückenpatienten/Innen einer Operation unterziehen. In 89 Prozent der Fälle konnte der geplante Eingriff nach ca. neun Wochen Training storniert werden. Die Ergebnisse dieser Studie wurden im European Spine Journal veröffentlicht.