Mund, Zähne und Kiefer

Antibiotika-Stäbchen gegen Parodontose

Über entzündetes Zahnfleisch gelangen Krankheitskeime in den ganzen Körper und können dort viel Schaden anrichten. Forscher haben nun neue lokal wirkende Stäbchen mit Antibiotika entwickelt.

30.04.2021
Dieses biegsame, bioabbaubare Parodontosestäbchen gibt den Antibiotikakomplex im Mund ab.	   Foto: MLU/Fakultätsmarketing NF1 Dieses biegsame, bioabbaubare Parodontosestäbchen gibt den Antibiotikakomplex im Mund ab. Foto: MLU/Fakultätsmarketing NF1

Parodontose ist eine Volkskrankheit, die meist durch eine bakterielle Entzündung des Zahnfleischs, die Parodontitis, ausgelöst wird. Mehr als 50 Prozent der Erwachsenen in Deutschland entwickeln im Laufe ihres Lebens eine Parodontitis, meist in höherem Alter. Mehr als zehn Millionen Deutsche haben laut Hochrechnungen eine schwere Form der Krankheit. „Durch die großen Wundflächen ist die Barrierefunktion des Körpers stark gestört, so dass vermehrt Stoffe und Bakterien in den Körper gelangen“, sagt Prof. Dr. Karsten Mäder, Leiter des Instituts für Pharmazie der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg (MLU). Die Entzündung wirkt sich auf den ganzen Körper aus und ist oft Ursache für weitere Krankheiten wie Herzinfarkt oder Lungenentzündung. Sie sollte deshalb vermieden oder gestoppt werden.

Behandlung verbessern

Daher ist nach mechanischen Verfahren zur Zahnreinigung oft eine Antibiotika-Gabe notwendig. Diese erfolgt normalerweise über Tabletten, wodurch der ganze Körper belastet wird. Häufige Nebenwirkungen sind Durchfall, Bauchschmerzen und Übelkeit, aber auch Hautreaktionen wie Rötungen und Juckreiz. Auch die mögliche Ausbildung von Resistenzen gegen die gängigen Antibiotika stellt bei dieser Gabe ein großes Problem dar.
Besser wäre es, das Antibiotikum würde nicht im ganzen Körper, sondern nur im Mundraum wirken. Patienten könnten damit viele Nebenwirkungen erspart bleiben.
Mäders Arbeitsgruppe hat daher ein bewährtes Antibiotikum (Minocyclin) mit einem ebenso bewährten Hilfsstoff der Pharmaindustrie (Magnesiumstearat) kombiniert. „Der Komplex ist weiterhin wirksam, aber stabiler. Er setzt das Antibiotikum langsam frei, und zwar an Ort und Stelle“, erklärt Mäder. „Neben der kontinuierlichen und langanhaltenden Wirkstofffreisetzung war hierfür eine einfache Applikationsweise eine weitere Herausforderung.“

Lokale Depotwirkung

Seine Arbeitsgruppe hat auch dafür eine praktische Lösung gefunden. Sie nutzt in der Pharmazie ebenfalls bewährte Polymere. Das sind chemische Stoffe, mit deren Hilfe die Forscher biegsame, bioabbaubare Stäbchen herstellen konnten, die den Antibiotika-Komplex enthalten. Die Stäbchen können einfach in die Zahnfleischtasche geschoben werden. Da sie im Körper abgebaut werden, müssen sie im Anschluss an die Behandlung nicht wieder entfernt werden. Mittlerweile ist die Entwicklung marktreif. (red)