Sport, Knochen und Gelenke

Sarkopenie: Wenn die Kraft nachlässt

Ob wir noch Kraft in den Knochen haben, hängt vor allem von den Muskeln ab, die unser Skelett umgeben. Doch was, wenn diese im Alter einfach verschwinden?

28.11.2017
Im Alter brauchen viele einen Treppenlift.  Foto: Adobe Stock / Ingo Bartussek

Bereits ab dem 50. Lebensjahr beginnt der altersabhängige Muskelschwund (med. Sarkopenie). Ab dem 70. Lebensjahr beschleunigt sich dieser Prozess massiv. Das Problem: Sinkt die Muskelmasse, nimmt die Kraft ab und schränkt so die Funktionen von Armen und Beinen enorm ein. Sich aufzurichten, etwas festzuhalten oder die Balance zu halten, fällt dann immer schwerer. Stürze häufen sich. Knochenbrüche und größere Bewegungseinschränkungen sind die Folge. „Für die Sarkopenie sind laut der ‚European Working Group on Sarcopenia in Older People’ (EWGSOP) drei Parameter mit entscheidend: verringerte Muskelmasse, reduzierte Muskelkraft und eine verminderte körperliche Leistungsfähigkeit“, erläutert Dr. Tobias Morat vom Institut für Bewegungs- und Sportgerontologie in Köln.

Ursachen erforschen

Zu den Ursachen muskelabbauender Prozesse im Körper gehören mangelnde Bewegung oder krankheitsbedingte Immobilisation, etwa durch lange Bettruhe und Krankheit, oder auch eine Unterversorgung mit Protein, das für den Muskelaufbau entscheidend ist. Gleichzeitig zeigen Studien, dass sich mit zunehmendem Alter die Nervenleitungen von Muskelfasern verändern. Die Anzahl der sogenannten motorischen Einheiten reduziert sich, d. h. einzelne Motoneurone sterben ab. Einige Muskelfasern können dadurch nicht mehr von den Nerven versorgt werden. Und eine sogenannte Re-Innervation durch noch aktive Motoneurone kann die Signalweiterleitung verändern. Das führt zu ungenaueren Bewegungen. Beispiel: Beim Stolpern kann man den Fuß nicht mehr schnell genug nach oben ziehen, um den Sturz abzufangen.

Sarkpenie-Screening

Die EWGSOP legt für die Prüfung auf Sarkopenie bei Personen ab 65 Jahren Grenzwerte zu Ganggeschwindigkeit, Handgriffkraft und Muskelmasse fest. Daraus lassen sich drei Ausprägungsstufen ableiten: prä-sarkopenisch, sarkopenisch und schwer sarkopenisch. „Ob Sarkopenie vorliegt, lässt sich mittlerweile mithilfe des Screening-Algorithmus der EWGSOP bestimmen. Allerdings ist bisher noch nicht klar, ob die einfachen Testverfahren, wie die Messung der Handgriffkraft, überhaupt geeignet sind, relevante Parameter der Sarkopenie aufzudecken“, so Morat. „Darüber hinaus sind die zugrunde liegenden Prozesse der Sarkopenie, also ob sie primär muskulär bedingt ist oder ob mehr die neuronale Komponente mitentscheidend, bisher noch nicht ausreichend erforscht.“
Neuromuskuläre Umbauprozesse mit zunehmenden Alter sind zwar nicht vermeidbar, es ist aber möglich, ihnen entgegenzuwirken und sie zu verlangsamen: durch Kraftsport, Gleichgewichtstraining und eine gesunde Ernährung. (red)