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Beckenbodenschwäche richtig behandeln

10.08.2017
Foto: Priv.-Doz. Dr. Nils Habbe_DKD HELIOS Klinik

Priv.-Doz. Dr. Nils Habbe
Chefarzt Chirurgie/Koloproktologie
DKD HELIOS Klinik Wiesbaden



Der Beckenboden grenzt die Bauchhöhle nach unten ab und hält die Organe des Bauchraums, insbesondere den Enddarm und die Genitalien, an ihrem Platz. Eine Beckenbodenschwäche ist eine unzureichende Stabilität des Beckenbodens. Diese kann durch verschiedenste Faktoren ausgelöst werden. So führt bei Frauen nicht selten der Geburtsvorgang zu einer Überdehnung des Beckenbodens. Weiterhin können Nervenverletzungen, übermäßiges Pressen beim Stuhlgang, lebenslanges schweres Heben oder Operationen zu einer Beckenbodenschwäche führen. Durch die Lockerung des Beckenbodens kommt es zu einer veränderten Lage der Organe im Bereich des Beckens. Das Resultat dieser anatomischen Lageänderung: ein Vorfall des Enddarms, bei Frauen zumeist in Kombination mit einem Vorfall zur Scheide hin. Bei der Enterozele kommt es zu einem Vorfall von Darmschlingen in das Becken, die dann auf den Enddarm drücken. Die Beschwerden, die durch eine Beckenbodenschwäche ausgelöst werden, sind Stuhl- und Urininkontinenz oder eine unzureichende und erschwerte Stuhlentleerung. Auch unspezifisches Druckgefühl und Schmerzen im Becken können auftreten.
Am Anfang der Behandlung steht immer die gezielte Diagnostik durch einen erfahrenen Arzt, in der Regel einem Proktologen. Dieser kann – neben der klinischen Untersuchung – die Schließmuskelfunktion und das Ausmaß der Veränderung mithilfe einer Enddarm (Rektoskopie)- und Analkanalspiegelung (Proktoskopie) erfassen. Außerdem können endoskopische Ultraschalluntersuchungen des Beckenbodens, Druckmessungen (Analmanometrie) oder bildgebende Verfahren notwendig sein, um eine umfassende Diagnose zu erstellen. Dies ist unerlässlich für die Wahl der richtigen Therapie. Auch eine interdisziplinäre Zusammenarbeit mit Urologen und Gynäkologen muss gewährleistet sein.
Die einfachste Therapie bei der Beckenbodenschwäche ist angeleitetes Beckenbodentraining. Mithilfe von speziellen Trainingsgeräten, dem sogenannten Bio-Feedback, kann dieses Training noch effektiver gestaltet werden. Sollten jedoch die bereits oben beschriebenen Enddarmveränderungen vorliegen, hilft nur noch eine operative Behandlung. Zur Auswahl stehen bei Enddarmvorfällen sowohl transanale Verfahren (durch den After) als auch Eingriffe im Bauchraum. Bei den transanalen Verfahren wird die überschüssige Schleimhaut entfernt und die Darmmuskulatur gestrafft oder der vorfallende Enddarm vollständig entfernt. Dabei kommen Klammernahtgeräte zum Einsatz, die den Darmvorfall entfernen und die beiden Darmenden mittels Klammern vereinigen (STARR-OP). Diese Verfahren können minimal-invasiv mittels Bauchspiegelung durchgeführt werden und können langjährig bestehende Beschwerden erfolgreich beheben.