Frauen- und Männergesundheit

Wenn Schwangeren schlecht wird

Schwangerschaftsübelkeit ist weit verbreitet. Viele werdende Mütter kennen sie nur zu gut. Die Gynäkologin Dr. med. Susanne Hampel berichtet über ihre Erfahrungen damit.

12.07.2021
Übelkeit während der Schwangerschaft kennen viele werdende Mütter.  Foto: AdobeStock/Borchert & Schrader PR Übelkeit während der Schwangerschaft kennen viele werdende Mütter. Foto: AdobeStock/Borchert & Schrader PR
Foto: Alexander Sell

Dr. Clara Park
Radiologin
RNS Gemeinschaftspraxis
Wiesbaden



85 Prozent der Frauen leiden in der Schwangerschaft zeitweise an Übelkeit und Erbrechen. Manchmal so heftig, dass der Alltag entscheidend beeinträchtigt wird. Im Interview spricht die Berliner Gynäkologin Dr. med. Susanne Hampel über die Beschwerden und was Betroffene beachten sollten.

Was für Erfahrungen machen Sie in Ihrem Praxisalltag mit Patientinnen, die an Schwangerschaftsübelkeit und Erbrechenleiden?
In meiner Praxis habe ich tagtäglich mit schwangeren Patientinnen zu tun, von denen viele gerade in den ersten Wochen mit NVP, also Übelkeit und Erbrechen in der Schwangerschaft, zu kämpfen haben. In der Regel halten diese Symptome für sechs bis acht Wochen an und lassen zwischen den Schwangerschaftswochen 14 und 16 nach. Das ist nichts Ungewöhnliches und geht vielen Frauen so. Zuspruch, Motivation und Aufklärung rund um Schwangerschaftserbrechen können positiv formuliert werden: Die Übelkeit ist Folge der hormonellen Umstellung, freuen Sie sich, Ihrem Kind geht es gut, es wächst und gedeiht. Es wird nur bedenklich, wenn die Beschwerden über einen längeren Zeitraum anhalten, die Frauen sich mehrmals täglich übergeben und nichts mehr bei sich behalten. Dann besteht die Gefahr einer Dehydrierung und negativer Auswirkungen auf das Wohl von Mutter und Kind. Bei zehn Prozent der betroffenen Frauen halten die Beschwerden während der gesamten Schwangerschaft an.

Spüren die Betroffenen große Beeinträchtigungen in ihrem Alltag?
NVP kann den Alltag sehr stark beeinträchtigen und Auswirkungen auf das Sozial- und Familienleben haben. Auch der Job ist dann oft betroffen. Viele Frauen sind zeitweise nicht in der Lage, zu arbeiten und müssen sich krankschreiben lassen. Studien haben außerdem gezeigt, dass NVP zu depressiven, hilflosen und frustrierten Gefühlslagen führt – dabei ist die hormonelle Umstellung in der Schwangerschaft schon kräftezehrend genug.

Wie gehen Frauen damit um?
Erstaunlicherweise halten noch immer zu viele Frauen anhaltende Übelkeit und Erbrechen für unumgänglich. Das zeigt, wie wichtig Aufklärung über dieses Thema ist. Die meisten Frauen, die wegen Übelkeit und Erbrechen starke Beeinträchtigungen erleben, erzählen wenn überhaupt eher beiläufig während ihrer Vorsorgetermine davon. Sie wissen oftmals nicht, dass es wirksame und bewährte Mittel gegen NVP gibt.

Wann sollten sich Schwangere mit Übelkeitsbeschwerden an den Gynäkologen wenden?
Am besten direkt. Wir können frühzeitig feststellen, ob es sich um eine Hyperemesis gravidarum, eine besonders starke Form von Schwangerschaftsübelkeit und -erbrechen handelt, was einen Krankenhausaufenthalt erfordern kann. Die Betroffenen sollten es so weit gar nicht kommen lassen, da man durch effektive Behandlungsmöglichkeiten einer Verschlimmerung der Situation entgegenwirken und negative Folgen auf die Schwangerschaft vermeiden kann. Die Schwangerschaft sollte eine Zeit voller Vorfreude sein, in der man sich wohlfühlt und die Entstehung eines neuen Lebens genießt. Sich elend zu fühlen, sollte nicht dazugehören. Daher kann ich allen Schwangeren nur raten, ihre Beschwerden frühzeitig anzusprechen. (red)