Augen, Nase und Ohren

Schwerhörigkeit früher erkennen

Männer stellen sich manchmal taub und finden es ganz praktisch, wenn sie ihre Frauen nicht immer verstehen. Doch Hörprobleme sind alles andere als harmlos. Deshalb sollte man sie frühstmöglich erkennen und Hilfe in Anspruch nehmen.

17.08.2017

Sie müssen öfter nachfragen, drehen den Fernseher lauter als früher und haben auch schon mal eine Klingel überhört? Dann könnten Sie eine Hörschwäche haben. Kein Grund sich zu schämen, denn Sie sind nicht allein mit diesem Problem. Laut Angaben des Deutschen Grünen Kreuzes e. V. haben etwa 15 Millionen Menschen in Deutschland Schwierigkeiten beim Hören. Darunter sind längst nicht nur Ältere. Bereits jeder vierte Jugendliche hat Hörprobleme.

Lärm und Krankheiten

Die Gründe dafür sind verschiedener Natur. Meist zerstören Lärm und schlecht ausgeheilte Infektionskrankheiten die Hörsinneszellen im Innenohr – ein unumkehrbarer Prozess, der zu einer lärmbedingten Schallempfindungsschwerhörigkeit führt. Bei Dauereinwirkung können schon Geräusche von mehr als 85 Dezibel Hörschäden verursachen. Sehr intensiver Schall, z. B. durch Flugzeuge, (Spielzeug-)Pistolen oder Silvesterknaller kann schon bei einmaliger Einwirkung zu an Taubheit grenzender Schwerhörigkeit führen.
Aber auch Alkohol, Nikotin, Infektionskrankheiten wie Masern, Mumps und Röteln, Scharlach und Diphterie sowie manche Medikamente (siehe auch S. 27) haben ebenfalls Einfluss auf das Hörempfinden.

Blockierte Leitung

Wird der Schall nicht mehr zum Innenohr geleitet, sprechen die Ärzte von einer Schallleitungsschwerhörigkeit. Hier dingt der Schall nicht mehr durch. Mögliche Ursachen sind Hindernisse wie Ohrenschmalz, aber auch Entzündungen oder Missbildungen des Gehörgangs. Auch können nicht ausgeheilte Mittelohrentzündungen bzw. ein chronischer Tubenkatarrh, ein geschädigtes Trommelfell oder krankhafte Veränderungen in der Gehörknöchelchenkette können schuld daran sein.
Tendenziell hört man im Alter schlechter als in jüngeren Jahren. Doch das müsste nicht so sein. Vergleichsstudien an Naturvölkern haben gezeigt, dass 70-jährige Eingeborene (ohne Lärmbelastung oder andere Beeinträchtigungen) noch so gut hörten wie 30-jährige Städter in Industrienationen. Tatsächlich ist der Alterungsprozess des Gehörs das Resultat aller für das Ohr schädlichen Einflüsse während des ganzen Lebens.

Hohe Töne verschwinden

Selten verschlechtert sich das Gehör von einem Tag auf den anderen. Vielmehr handelt es sich um einen schleichenden Prozess. Bei einer lärmbedingten Schwerhörigkeit beginnen die Hörprobleme in den oberen Tonbereichen um die 4000 Hertz. Dadurch kann man Konsonanten wie „K“, „L“ oder „S“ nur noch halb oder gar nicht mehr hören. Flüstern zu verstehen wird dann immer schwieriger. Die Folge: Redeanteile werden nicht mehr verstanden. Missverständnissen und Streitigkeiten – vor allem unter Paaren – sind die Folge.
Kommen weitere Lärmschäden hinzu – egal ob aus dem beruflichen oder privaten Umfeld – schreitet die Entwicklung voran und weitere Frequenzbereiche fallen aus.

Hilfe suchen statt leugnen

Das Problem: Die Verschlechterung zieht sich über Jahre und Jahrzehnte hin. Betroffene bemerken selbst zunächst keine Veränderung und gewöhnen sich daran. Sie wollen selten wahrhaben, dass sie das Problem haben und nicht die anderen. Sätze wie „Du sprichst zu leise“ oder „Du nuschelst so“ sind dann die gängigen Begründungen, mit denen Betroffene ihr eigenes Problem herunterspielen. Die Familie, Freunde oder Kollegen sollten sich dann besser nicht abwimmeln lassen, sondern klar und deutlich sagen, was ihnen auffällt. Denn je länger die Betroffenen keine Hilfe bekommen, desto schlechter wird das Gehör. Denn wer nicht mehr richtig hört, verlernt quasi, Gesagtes zu verstehen. Das haben Studien bewiesen. Wer die Anzeichen für eine Schwerhörigkeit (siehe Kasten) an sich bemerkt bzw. durch andere mitgeteilt bekommt, sollte deshalb baldmöglichst zu einem Hörgeräteakustiker oder zum HNO-Arzt gehen. (red)

Die typischen Anzeichen einer möglichen Hörschwäche

• Fernsehen oder Radio so laut drehen, dass andere Familienmitglieder
oder Nachbarn sich darüber beschweren
• Überhören von Naturgeräuschen wie Meeres- oder Blätterrauschen,
Vogelgezwitscher
• Sich beim Hören sehr anstrengen und konzentrieren müssen
• Bei Unterhaltungen häufig etwas falsch verstehen, vor allem bei
großer Geräuschkulisse mit Musik oder im Restaurant
• Ständig Menschen bitten, etwas Gesagtes noch einmal zu wiederholen
• Ein Ohr bevorzugen
• Rückzug von sozialen Kontakten
• Überhören von Telefon und Klingel