Augen, Nase und Ohren

Neue App verbessert Richtungshören

Der Konversation einer Gruppe inmitten einer Geräuschkulisse zu folgen, ist für schwerhörige Menschen selbst mit einem modernen Hörgerät nicht immer leicht. Eine neue Handy-App will helfen.

28.09.2020
Die neue Handy-App kann sich gezielt einer Geräuschquelle zuwenden und deren Signale verstärken oder andere ausblenden. Auch kann man damit mehrere Sprecher oder Geräuschquellen auswählen und so besser an einem Gruppengespräch teilnehmen.  Foto: Convoaid/Bianca Lorenz Die neue Handy-App kann sich gezielt einer Geräuschquelle zuwenden und deren Signale verstärken oder andere ausblenden. Auch kann man damit mehrere Sprecher oder Geräuschquellen auswählen und so besser an einem Gruppengespräch teilnehmen. Foto: Convoaid/Bianca Lorenz

Das Ohr ist eine fantastische Erfindung der Natur. Es kann Klänge aus unterschiedlichen Richtungen einfangen und zusammenführen. Doch rund 40 Millionen Menschen in Europa sind schwerhörig. Hörgeräte können helfen. Sie werden immer besser, haben aber gerade beim Richtungshören noch ihre Schwächen. Wenn man zum Beispiel in einer Runde mit mehreren Personen den Kopf dreht, gehen die Stimmen der anderen für den Hörer verloren. Auch wenn er mit unterschiedlichen Leuten spricht und sich noch dazu in einer lauten Umgebung befindet, wie etwa in einem Restaurant, hat er Probleme, das Gesagte zu verstehen.
Betroffene fühlen sich in diesen Situationen meist unwohl und ziehen sich freiwillig zurück. Soziale Isolation ist die Folge.

Audiosignale verstärken

Die Idee hinter dem Projekt Convoaid ist, diese Hörfähigkeit des Hörgeräts mithilfe einer Handy-App zu erhalten. Dafür nutzen die Erfinder Eva Begemann (Masterstudentin Mechatronik und Informationstechnik), Nahid Mohammadi (Masterstudentin ETIT), Robin Göbel (Masterstudent ETIT) und Jonathan Hofinger (Masterstudent Maschinenbau) das Mikrofon eines Smartphones, quasi Erweiterung der begrenzten Technologie eines Hörgeräts. Ihr Ziel: den Alltag hörgeschädigter Menschen zu erleichtern.
Und so funktioniert’s: Der Nutzer verbindet sein Hörgerät via Bluetooth mit der App in seinem Handy. Danach sieht er einen Kreis, auf dem die Töne unterschiedlicher Geräuschquellen als Dioden aufleuchten. Nun kann er gezielt auswählen, welchem Sprecher er in seiner Konversation folgen will. Dafür klickt er auf das entsprechende Symbol. Die App verstärkt daraufhin speziell die Audiosignale, die von dieser Person oder einer anderen Geräuschquelle kommen.

Hörquellen klassifizieren

Die Entwickler mussten dabei jedoch das Problem lösen, dass ein Handy, anders als unser Gehirn, unterschiedliche Geräusche nicht einfach voneinander unterscheiden kann, etwa das Bellen eines Hundes, Klaviermusik oder eine menschliche Stimme. Die entwickelte App kann diese Sound-Unterschiede nun klassifizieren – eine wichtige Grundlage für das Funktionieren dieser App.
Die App Convoaid wurde vorerst für Smarthones mit Android-Systemen konzipiert, ist aber mit allen Hörsystemen, die Bluetooth haben, kompatibel.
Die App wurde von einem jungen internationalen Studententeam entwickelt und im Rahmen des Student Innovation Lab des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT) am 21. Juli der Fachwelt präsentiert. Beim Final Pitch kam das Projekt Convoaid sehr gut an: in verschiedenen Umfragen („Best Product“, „Best Presentation“ und „Darling of the Public“) ging Convoaid als Sieger hervor. Bis zur Markreife dauert es allerdings leider noch eine kleine Weile. (bibi)