Augen, Nase und Ohren

Mit Tageslicht gegen Kurzsichtigkeit

Laut einer chinesischen Studie haben Kinder während des Lockdowns verstärkt eine Kurzsichtigkeit entwickelt. Nach dessen Ende ist sie wieder zurückgegangen. Grund dafür dürfte mehr Tageslicht sein.

07.03.2022

In China ist die Kurzsichtigkeit bei Kindern während des strengen Lockdowns leicht angestiegen, wie eine großangelegte Untersuchung ergab. Ursachen waren Tageslichtmangel und verstärktes Sehen im Nahbereich. Eine neue Studie zeigt nun, dass dieser Trend in der Volksrepublik nach dem Lockdown wieder rückläufig ist – der Aufenthalt im Freien bei Tageslicht bremst die Entwicklung kindlicher Kurzsichtigkeit ab. Darauf macht die Deutsche Ophthalmologische Gesellschaft (DOG) aufmerksam.
Kurzsichtigkeit entwickelt sich meist im Alter zwischen acht und zwölf Jahren und hat in den vergangenen Jahren und Jahrzehnten weltweit zugenommen. In asiatischen Ländern wie Singapur und China liegt die Rate der Myopie, wie der Fachausdruck für Kurzsichtigkeit lautet, unter jungen Erwachsenen bei über 80 Prozent, in Europa knapp unter 50 Prozent.
Vor allem zwei Faktoren fördern Kurzsichtigkeit: Tageslichtmangel und langes Nahsehen. „In Asien verbringen Kinder sehr viel Zeit in geschlossenen Räumen, um zu lernen. Dies ist der Hauptgrund für die stark verbreitete Myopie in Fernost“, sagt Prof. Dr. med. Wolf Lagrèze, Leitender Arzt der Sektion Neuroophthalmologie, Kinderophthalmologie und Schielbehandlung an der Klinik für Augenheilkunde am Universitätsklinikum Freiburg.
Während des strengen Lockdowns in China mit Ausgangsbeschränkungen und lang andauernden Schulschließungen haben sich Tageslichtmangel und Nahsehen weiter intensiviert. In der Folge stieg die Kurzsichtigkeit gerade bei jüngeren Kindern an, wie eine chinesische Studie mit hoher Fallzahl belegt. Eine weitere Studie aus China zeigt unterdessen, dass die Myopierate nach dem Lockdown wieder rückläufig ist. „Dies ist ein Beweis, dass Lichtmenge und Sehgewohnheiten einen Einfluss auf die Myopisierung haben“, konstatiert der Freiburger DOG-Experte.
Hinweise, dass man den Lockdowneffekt auf Deutschland übertragen kann, gibt es jedoch nicht. „Uns liegen leider keine vergleichbaren Daten vor“, erklärt Lagrèze. „Zudem war der Lockdown in China deutlich strenger als bei uns.“ Erwiesen ist jedenfalls, dass Tageslicht vor Kurzsichtigkeit schützt. „Kinder sollten deshalb täglich zwei Stunden im Freien verbringen“, so Lagrèze. Dass die intensive Nutzung von PC, Tablets oder Smartphones Kurzsichtigkeit fördert, ist tatsächlich nicht gesichert: Die Myopierate unter deutschen Kindern hat in den zurückliegenden elf Jahren nicht zugenommen; auch der relative Anteil an Brillen, die wegen Kurzsichtigkeit verordnet werden, blieb in den vergangenen 16 Jahren unverändert.Dennoch gilt: „Eltern sind in jedem Fall gut beraten, die digitale Bildschirmzeit ihrer Kinder zu begrenzen.“ (red)