Sport, Knochen und Gelenke

Schulterschmerzen – Diabetiker besonders häufig betroffen

Rund 70 Prozent der Deutschen leiden unter Schulterschmerzen. Auch Erkrankungen der inneren Organe können diese auslösen. Das gilt es, bei der Diagnose und Behandlung zu berücksichtigen.

05.06.2020
Die Schultermuskulatur kräftigen.  Foto: AdobeStock/Kzenon Die Schultermuskulatur kräftigen. Foto: AdobeStock/Kzenon

Schulterschmerzen sind nach Rücken- und Knieschmerzen die dritthäufigste Erkrankung des Bewegungs- und Halteapparats. Die Ursache können Muskelverspannungen, Erkrankungen von Knochen und Gelenken, Haltungsschäden, Muskel- und Bandverletzungen, aber auch Tumore sein.
Doch nicht immer rührt der Schulterschmerz aus dem Schultergelenk selbst. So kann einseitiger, akut auftretender Schulterschmerz während des Sports auch ein Hinweis auf einen Herzinfarkt sein. „Vielen ist nicht bewusst, dass auch die Bereiche Arm, Nacken und Wirbelsäule oder Erkrankungen der inneren Organe eine Rolle bei Schmerzen in der Schulter spielen können“, erklärte Dr. med. Casper Grim, Vizepräsident der Gesellschaft für Orthopädisch-Traumatologische Sportmedizin (GOTS), im Vorfeld des Deutschen Kongresses für Orthopädie und Unfallchirurgie (DKOU) Ende Oktober 2019 in Berlin.

Schilddrüse, Diabetes, Rheuma

Aber auch Funktionsstörungen der Schilddrüse, ein Diabetes mellitus und rheumatische Erkrankungen können mit chronischem Schmerz in der Schulter einhergehen. „Patienten mit Diabetes und Schilddrüsenerkrankungen erkranken beispielsweise häufiger an der `Frozen Shoulder´“, führt Grim aus. Hier schränkt eine geschrumpfte Schultergelenkkapsel die Beweglichkeit der Schulter schmerzhaft ein.
Etwa jeder fünfte Diabetespatient leidet unter Schulterschmerzen und Bewegungseinschränkungen.
Der Grund hierfür ist bislang noch nicht geklärt, im Fokus der Untersuchungen stehen Entzündungsprozesse, Durchblutungsstörungen und Zuckeranhaftungen an Bindegewebsfasern. „Mit der Zunahme von Stoffwechselerkrankungen – insbesondere bei einer immer älter werdenden Bevölkerung – haben Orthopäden und Unfallchirurgen auch immer häufiger mit diesen Erkrankungszusammenhängen zu tun und müssen es bei der Diagnose berücksichtigen“, ergänzt Professor Dr. med. Carsten Perka, Kongresspräsident des DKOU aus Berlin. Eine ausführliche Anamnese sei daher wichtig.

Arthroskopie statt offene OP

Funktionelle Therapiemaßnahmen, wie Physiotherapie und eine medikamentöse Behandlung, helfen vielen Schulterschmerz-Patienten bereits weiter. Häufige Erkrankungsformen wie Impingement – eine Einengung zwischen Schulterdach- und Oberarmknochen, die die Sehnen beeinträchtigt –, Kalkschulter oder Schulterarthrose können bei milder Ausprägung mit einer Stoßwellentherapie behandelt werden und eine Operation zunächst verhindern.
Ist eine konservative Therapie erfolglos, hilft häufig auch die Arthroskopie (Gelenkspiegelung). Hierbei kann der Arzt minimal-invasiv Verkalkungen entfernen und entstandene Sehnenverletzungen beheben. „Wir haben in der Arthroskopie erhebliche Fortschritte gemacht“, betont Professor Dr. med. Markus Scheibel, Präsident der Deutschen Vereinigung für Schulter- und Ellenbogenchirurgie e. V. (DVSE). „Selbst komplexe rekonstruktive Eingriffe sind mittlerweile per Gelenkspiegelung mit deutlich weniger Risiken möglich.“ Insbesondere bei Schulterinstabilitäten und Ausrenkungen durch Unfälle oder anatomische Fehlstellungen sei die Arthroskopie inzwischen einer offenen Operation vorzuziehen, so die Erfahrung des Leitenden Schulter- und Ellenbogenchirurgen aus Zürich.

Vorbeugen – es geht!

Das Schultergelenk ist eines der am häufigsten von Sportverletzungen betroffenen Gelenke. Beim Turnen, Rudern und Kampfsport ist das Schultergelenk besonders strapaziert. „Bei diesen Sportarten leiden durchschnittlich ein Drittel der Sportlerinnen und Sportler unter Schulterschmerzen“, berichtet Grim. Um insbesondere Verletzungen vorzubeugen, rät der Experte Sportlern, aber auch Patienten mit bereits bestehenden Schulterproblemen, die Muskulatur um das Schultergelenk herum zu stärken, weil diese das Gelenk stabilisiert.
Der sogenannte „Sleepers Stretch“ eignet sich beispielsweise gut als Dehnübung für die Gelenkkapsel. Aber auch Kräftigungsübungen der Schultermuskulatur sind willkommen. Sie erhöhen die Außenrotationskraft des Gelenks.
Die Beweglichkeit der Brustwirbelsäule und eine Verbesserung der gesamten Bewegungsabläufe sind ebenfalls feste Bestandteile und Zielpunkte von Präventionsprogrammen fürs Schultergelenk. (red)