Sport, Knochen und Gelenke

Mit dem Kunstknie in den Frühling starten

Endlich kann man sich wieder schmerzfrei bewegen. Also nichts wie raus ins Grüne. Doch wer eine neue Knieprothese hat, sollte alles etwas langsamer angehen. Auch den Sport.

23.03.2020
Foto: AdobeStock/jd-photodesign Foto: AdobeStock/jd-photodesign

Die Tage werden länger und die Luft wärmer. Jetzt zieht es alle wieder nach draußen zu Spaziergängen und Sport. Bewegung ist wichtig, doch damit steigt auch die Belastung für Endoprothesen. Deshalb sollte man einiges beachten. „Die Gehstrecken werden bei gutem Wetter länger, die Bewegungen an den Gleitflächen des Gelenks nehmen dadurch zu und zwischen dem Kunstgelenk und dem benachbarten Knochen treten vermehrt Belastungen auf“, weiß Prof. Nikolaus Wülker, Ärztlicher Direktor der Orthopädischen Universitätsklinik Tübingen. „Auch die um das Gelenk gelegenen Weichteile müssen mehr Spannung und Bewegung verkraften. Daran müssen sich Kunstgelenke erst langsam gewöhnen. Eine behutsame Belastungssteigerung ist hier ganz besonders wichtig.“

Muskulatur vorbereiten

Wenn das Knie über die langen Wintermonate weniger aktiv war, sollte man die tägliche Wegstrecke langsam, über einen Zeitraum von ein bis zwei Wochen steigern. Ganz wichtig: Die Weichteile und die Muskulatur rund um das Gelenk vor der Belastung dehnen und aufwärmen.
Aufgewärmt wird die Muskulatur am besten, indem man zunächst zuhause kleine Wegstrecken zurücklegt und das Pensum langsam steigert.
Der Experte empfiehlt zunächst ebene Strecken. „Auch der Boden sollte flach sein, zum Beispiel asphaltierte oder festgetretene Wege. Unebener Wald- oder Steinboden ist zu Beginn ungünstig“, warnt der Experte. Später, wenn die Muskulatur besser aufgebaut ist, kann man kleinere Strecken bergauf und langsam bergab gehen. Weiche Schuhe fangen die Stöße auf das Kniegelenk besser ab. Zudem geben Schnürschuhe den Füßen einen festeren Halt.

Fordern, ohne zu überfordern

Mit gut funktionierenden, künstlichen Kniegelenken kann man später unbegrenzt spazieren gehen und wandern. Auch Bergwanderungen sind gut möglich, sofern man nicht klettert. Fahrradfahren und Schwimmen sind sowieso perfekt, da man das Gelenk ohne Belastung durch das Körpergewicht bewegt.
Übergewicht ist aber grundsätzlich auch für das Kunstknie schlecht. Die Haltbarkeit ist deutlich reduziert. Deshalb tut man gut daran, das Gewicht durch eine Ernährungs- und Bewegungsumstellung langfristig zu senken.
Problematisch sind Ball- und Kampfsportarten. Denn bei plötzlichen Richtungswechseln oder Kontakt mit einem Mitspieler oder Gegner kann es zu unvorhersehbaren Kräften kommen, die auf das Kniegelenk wirken.
Die Muskulatur kann das nicht mehr abfangen, sodass Bänder und die Gelenkkapsel des Kunstgelenks direkt unter Druck geraten.

Haltbarkeit verlängern

Normalerweise halten mehr als 80 Prozent der künstlichen Kniegelenke 15 Jahre und länger, bevor es zu einer Lockerung der Prothese im Knochen kommen kann. Dabei ist die Belastung in der Grenzschicht zwischen Prothese und Knochen das größte Problem. Wenn diese durch belastende Sportarten übermäßig beansprucht wird, halten künstliche Kniegelenke deutlich kürzer als normal. Prof. Wülker: „Dies kann bei allen Kniegelenken problematisch sein, bei denen nur die Gelenkoberfläche ersetzt wird, die Teile des Gelenks jedoch nicht gekoppelt sind. Dies ist bei den allermeisten künstlichen Kniegelenken so.“ Sein Rat: Im Frühling nicht von null auf hundert starten, sondern die Belastung langsam steigern. Dann hat man lange Freude am neuen Knie und kann die Bewegung im Frühling so richtig genießen. (red)