Sport, Knochen und Gelenke

Körperliche Aktivität hat Einfluss auf die Haltbarkeit von Prothesen

Die Lebensdauer von Hüft- und Knieprothesen hat durch den medizinischen Fortschritt eine bereits beachtliche Länge erreicht. Um möglichst lange von seiner Prothese profitieren zu können, ist der Patient jedoch auch gefragt. Besonders Bewegung kann erheblichen Einfluss auf die Haltbarkeit haben.

08.09.2022
Bewegung wirkt sich positiv aus, auch auf die Langlebigkeit von Prothesen.  Foto: AdobeStock/oneinchpunch Bewegung wirkt sich positiv aus, auch auf die Langlebigkeit von Prothesen. Foto: AdobeStock/oneinchpunch

Bewegungsmangel und Gewichtszunahme wie während der Corona-Pandemie können die Haltbarkeit von Hüft- und Knieprothesen beeinträchtigen. Denn ein geschwächter Muskel-, Band- und Sehnenapparat erhöht die Sturzneigung. Auch die Gefahr einer Luxation, der Auskugelung des Kunstgelenks, steigt, wenn kraftlose Muskeln das Implantat nicht mehr am Platz halten können. Zudem tragen Fehl- und Überbelastung des Implantats zu einem schnelleren Verschleiß bei. Die AE – Deutsche Gesellschaft für Endoprothetik e. V. rät Menschen mit Kunstgelenk daher zu einem möglichst täglichen gezielten Training von Kraft, Beweglichkeit, Koordination und Ausdauer sowie zu einer Gewichtskontrolle verbunden mit eiweißreicher Ernährung. Dies sei wesentliche Voraussetzung für die lange Haltbarkeit der Prothese. Die früher vermittelte Sorge der Überlastung eines Kunstgelenks durch maßvolle tägliche Bewegung sei überholt – die Materialien sind heute wesentlich halt- und belastbarer.
Laut einer Lancet-Studie aus dem Jahr 2019 halten heute sechs von zehn Hüftprothesen mindestens 25 Jahre. Dazu beigetragen haben die Verbesserung von Implantat-Materialien und -modellen sowie die Entwicklung schonender OP-Methoden. Sie sind jedoch nur ein Teil des Erfolgs. „Ein Implantat erfordert auch nach der OP lebenslange Pflege und Aufmerksamkeit“, sagt Professor Dr. med. Carsten Perka, Generalsekretär der AE und Ärztlicher Direktor des Centrums für Muskuloskeletale Chirurgie (CMSC) an der Charité Berlin. Ärzte würden zwar das neue Gelenk einsetzen, doch die Patienten leisteten einen ebenso großen Beitrag: „Die Lebensweise der Patienten bestimmt mit, ob frühzeitig eine Folgeoperation notwendig wird.“ Der Orthopäde und Unfallchirurg führt aus: „Während wir früher Wechseloperationen wegen Überlastung der Endoprothesen durchgeführt haben, ist heute immer mehr eine verminderte körperliche Aktivität der Grund.“ Diese könne wiederholte Luxationen des Hüftgelenkes, Instabilitäten des Kniegelenks und Stürze durch Gleichgewichts- und Koordinationsschwierigkeiten zur Folge haben.
„Wir haben den Eindruck, dass sich ein Teil unserer Patientinnen und Patienten während der Corona-Pandemie weniger bewegt hat. Wir sehen viele steife Gelenke und verkürzte und schwache Muskeln“, sagt Perka. Eventuell sei auch noch das alte Credo von der Schonung des künstlichen Gelenks zu sehr in den Köpfen verankert. Der natürliche Alterungsvorgang verstärkt das Problem: Ab etwa dem 30. Lebensjahr baut der Körper Muskeln zu Fettgewebe um. Tut man nichts gegen den natürlichen Rückgang der Muskelmasse, der Sarkopenie, verliert der Körper zwischen dem 30. und 50. Lebensjahr etwa 50 Prozent seiner Muskelmasse. „Frauen sind davon noch stärker betroffen als Männer – sie müssen besonders aufpassen“, sagt Perka. Besonders in Kombination mit brüchigen Knochen, der Osteoporose, steigt bei Stürzen das Risiko, komplizierte Frakturen und Verletzungen zu erleiden. Es gelte deshalb, alle vier Grundpfeiler der Fitness – Kraft, Beweglichkeit, Koordination und Ausdauer – gezielt zu erhalten und möglichst täglich zu trainieren. „Auch kurze Bewegungseinheiten sind nützlich“, sagt Perka.
Ebenso wichtig sei die Gewichtskontrolle: „Es sind vor allem die Gelenke, die das Plus an Körpergewicht tragen müssen und damit auch die Prothesen“, sagt Perka. Mehrgewicht erschwere im wahrsten Sinne des Wortes die Mobilität, bekräftigt auch Professor Dr. med. Andreas M. Halder, Präsident der Deutschen Gesellschaft für Orthopädie und Orthopädische Chirurgie (DGOOC). Laut einer aktuell veröffentlichten Umfrage der Else Kröner-Fresenius-Stiftung (EKFS) haben in der Corona-Pandemie viele Patientinnen und Patienten zugenommen. Diejenigen, die zulegten, bringen demzufolge im Durchschnitt nun etwa 6,5 Kilogramm mehr auf die Waage als in der Zeit vor Beginn der Pandemie – und damit mehr als noch vor einem Jahr. Zudem werden viele Menschen ab der Lebensmitte schwerer. Häufige Ursachen sind Veränderungen im Hormonhaushalt und die Abnahme der körperlichen Aktivität. Dabei kommt es zum Verlust von Muskulatur und einer Zunahme von Fettgewebe. Deshalb sei eine abwechslungsreiche, gerne mediterrane und eiweißreiche Kost ideal. Ältere Menschen benötigen zum Muskelaufbau mehr Eiweiß als Junge. „Um es besser aufnehmen zu können, sollte man es über den Tag verteilt aufnehmen“, sagt Perka. (red)