Sport, Knochen und Gelenke

Kalkschulter mit Stoßwellen lindern

Die Schmerzen rauben den Betroffenen den Schlaf und schränken ihre Beweglichkeit ein. Wenn Kalk im Gelenkgetriebe ist, kann eine extrakorporale Stoßwellentherapie die OP vermeiden helfen.

03.11.2019
Stoßwellentherapie: Schmerzen lindern ohne OP.   Foto: AdobeStock/Dan Race Stoßwellentherapie: Schmerzen lindern ohne OP. Foto: AdobeStock/Dan Race

Wenn nachts die Schulter schmerzt, so dass man nicht schlafen kann, oder einfaches Haarekämmen unmöglich erscheint – dann könnte eine Kalkschulter die Ursache sein. Betroffen sind vor allem Menschen zwischen 35 und 50 Jahren, rund zwei Drittel davon sind Frauen.
Das Problem: Die Erkrankung wird meistens erst recht spät diagnostiziert, denn solange die Ablagerungen klein sind, verursachen sie keine Symptome. Experten schätzen, dass ein solch asymptomatischer Kalkherd zu etwa 40 Prozent im weiteren Verlauf zu Beschwerden führt.

Starke Schmerzen

Bei einer Kalkschulter bilden sich Kalkansammlungen in einer Sehne in der Schulter. Ursache können mechanische Faktoren sowie lokale Durchblutungs- oder Stoffwechselstörungen sein. „Bewegungen über Kopf, aber auch nach hinten oder zur Seite mit Belastung sind äußerst schmerzhaft“, erklärt Dr. Rainer Berthold, Experte der Deutschen Gesellschaft für Ultraschall in der Medizin e.V. (DEGUM) die Symptome einer Kalkschulter.
Wegen der starken Schmerzen können die Patienten den Arm oft kaum noch bewegen und nicht auf der betroffenen Schulter liegen. Durch eine Schonhaltung kann es sogar zur Versteifung der Schulter kommen.
Warum sich die Kalkansammlungen bilden, ist noch nicht endgültig geklärt. Eine Ursache kann eine Mangeldurchblutung und damit ein Sauerstoffmangel in den Schultersehnen sein.

Gymnastik und Medikamente

Ein therapeutischer Ansatz ist deshalb die Aktivierung des Stoffwechsels – und somit auch der Durchblutung – durch gezielte Bewegung. Spezielle Dehnübungen helfen, den Schmerz zu lindern. Bei Bedarf verordnet der Arzt zudem noch Medikamente gegen Schmerzen oder Entzündungen, um die Patienten, die häufig im Alltag und im Beruf stark eingeschränkt sind, kurzfristig zu entlasten. Manchmal setzen auch Physiotherapeuten therapeutischen Ultraschall unterstützend zur Schmerzbehandlung ein.
Solange die Patienten mit ihren Beschwerden gut zurechtkommen, lohnt es sich manchmal, einfach abzuwarten, ob die Erkrankung spontan abheilt. Denn nicht selten lösen sich die Verkalkungen im Laufe der Zeit ganz von selbst wieder auf – das kann allerdings Monate dauern und ist in dieser Zeit mit teils starken Schmerzen verbunden.

Stoß- und Druckwellen

Bei großen Kalkansammlungen wird den Patienten manchmal zur Operation geraten.
Eine schonende, nicht invasive Alternative dazu kann jedoch die Stoßwellentherapie sein. Der Nutzen der Behandlung in Bezug auf eine Besserung der Symptome und Verkleinerung der Kalkdepots ist inzwischen in vielen Studien nachgewiesen. Dabei setzen Ärzte die Sonografie nicht nur zur Diagnose, sondern auch zur präziseren Behandlung ein.
Bei der fokussierten extrakorporalen Stoßwellentherapie (ESWT) werden mit Hilfe der sogenannten Piezoelektrik außerhalb des Körpers Impulse erzeugt, die innerhalb des Körpers wirksam werden.

Durchblutung anregen

Die Stoßwellenwirkung kann dann exakt auf die gewünschte Zone gerichtet werden. Das Gewebe um die Kalkansammlung – also die Haut, die Muskulatur und das Bindewebe – wird somit nicht beeinträchtigt. „Oft wird angenommen, die Stoßwellen würden das Kalkdepot zerstören. Dies ist aber nicht richtig – vielmehr bewirkt der Druckimpuls die Induktion zellulärer Reaktionen“, erklärt Dr. Berthold. „Die vermehrte Durchblutung mit Gefäßneubildungen im betroffenen Areal führt danach zur Auflösung der Kalkdepots.“
Alternativ gibt es die kostengünstigere radiale Stoßwellentherapie. Sie arbeitet meist mit Druckluft. Durch den Aufschlag eines Projektils auf einen Applikator werden hier die nicht fokussierten Druckwellen erzeugt. Allerdings ist die Effektivität dieses niederenergetischen Verfahrens geringer – die Anzahl der notwendigen Behandlungen damit meist höher.

Nur private Kassen zahlen

Die Stoßwellentherapie gehört für gesetzlich Versicherte zu den individuellen Gesundheitsleistungen (IGeL). Das heißt, der Patient muss die Kosten selbst tragen. Die meisten privaten Kassen und Beihilfestellen übernehmen hingegen die Behandlung. „Ein bis drei Behandlungen, die jeweils etwa zehn Minuten dauern, reichen bei der fokussierten Stoßwelle meistens aus“, versichert Dr. Berthold. „Die Nebenwirkungen sind gering, die Patienten werden durch dieses schonende Verfahren häufig wieder schmerzfrei und in der Schulter beweglich. Die Krankheitsdauer wird verkürzt und eine Operation in der Regel vermeidbar. Die ESWT lässt sich mit vorheriger Lokalisierung des Kalkdepots mittels Sonografie nach meiner Erfahrung exakter durchführen.“ (degum/red)