Sport, Knochen und Gelenke

„Ich sah mich schon im Rollstuhl“

Zwei Bandscheibenvorfälle, ständige Rückenschmerzen und wenig Hoffnung auf Heilung hatte Gisela R. noch vor drei Jahren. Dank einer Elektrostimulation kann sie heute wieder ganz normal Sport treiben und sich des Lebens freuen.

21.02.2020
Rücken-Patientin Gisela R.: Wieder fit und glücklich wie ein Fisch im Wasser.    Foto: Noquay Gisela R. genießt jede Bewegung  –  in jeder Jahreszeit.    Foto: Noquay Rücken-Patientin Gisela R.: Wieder fit und glücklich wie ein Fisch im Wasser. Foto: Noquay Gisela R. genießt jede Bewegung – in jeder Jahreszeit. Foto: Noquay

Volleyball, Kanufahren, Schwimmen und Zumba gehörten früher zum Alltag von Gisela R. Doch 2006 veränderte sich das Leben der 44-Jährigen komplett. „Nach der Geburt meiner Tochter vernachlässigte ich zunehmend meinen Sport“, berichtet die Industriekauffrau aus Bayern. Es folgte der erste Bandscheibenvorfall im unteren Rücken. Krankengymnastik brachte nicht die gewünschte Linderung.

Kurzfristige Hilfe

Ein minimalinvasiver Eingriff verschaffte der damals 32-Jährigen kurzfristige Entlastung. „Anschließend konnte ich zwar sofort wieder aufstehen, aber schon kurze Zeit später spürte ich die gleichen, pulsierenden Schmerzen“, erinnert sich die Büroangestellte. Mit Hilfe spezieller Übungen für zu Hause und Rehasport versuchte sie, ihre Rumpfmuskulatur zu kräftigen. 2008 wurde sie erneut schwanger. „Für Sport blieb jetzt einfach keine Gelegenheit. Direkt nach der Arbeit kümmerte ich mich um meine beiden Töchter und bin abends erschöpft aufs Sofa gefallen“, beschreibt Gisela R. ihren Tagesablauf.
2015 kam es zum zweiten Bandscheibenvorfall in der Lendenwirbelsäule. Krankengymnastik und osteopathische Behandlungen halfen vorerst, aber die Beschwerden kehrten auch dieses Mal zurück. Anfang 2016 wurde die zweifache Mutter schließlich mit starken Rückenschmerzen ins Krankenhaus eingeliefert.

Ärzte rieten zur Versteifungs-OP

Dort stellten Mediziner eine Entzündung der unteren Wirbelkörper fest, eine Art Schutzfunktion überstrapazierter Nervenfasern. „In dieser Zeit konnte ich mir nicht einmal Socken anziehen. Mein Mann und die Kinder packten im Haushalt an und meine Schwiegermutter übernahm das Kochen. Ich fühlte mich hilflos wie nie“, beschreibt sie die belastende Situation.
Um ihre Rückenmuskulatur wieder aufzubauen, ließ sie dennoch nichts unversucht: Krankengymnastik, anatomisches Funktionstraining, Wärmeanwendungen und Aquajogging. Doch nichts linderte den quälenden Dauerschmerz in der Lendenwirbelsäule. Schließlich empfahlen ihr Ärzte eine Versteifungsoperation. „Freunde und Arbeitskollegen rieten mir vor diesem Eingriff ab und auch ich hatte ein ungutes Gefühl“, sagt Gisela R. und betont: „Ich wollte nicht wahrhaben, dass ich bereits alle konservativen Möglichkeiten ausgeschöpft hatte, und recherchierte weiter.“ Ihre Hartnäckigkeit zahlte sich aus. Mitte 2016 stieß die Patientin im Internet auf ein Schmerzband, das chronische Schmerzen nachhaltig stoppen soll.

Stimulation stoppt Dauerimpuls

Diese „Small Fiber Matrix Stimulation“, kurz SFMS, basiert auf gezielter Elektrostimulation, die dauerhaft überaktive Schmerzfasern beruhigt und Betroffenen nach kurzer Zeit ein neu gewonnenes, schmerzfreies Leben ermöglichen soll. Schmerzmediziner Dr. Tobias Weigl, der zusammen mit Kollegen an der Uniklinik Bonn das Schmerzband entwickelte, erklärt die Funktionsweise: „Auf der Innenseite des größenverstellbaren Rückenbands sind kleine, punktförmige Elektroden angeordnet. Diese schicken über ein individuell einstellbares Steuergerät feine Stromimpulse an die direkt unter der Haut sitzenden Nervenfasern.“

Schmerzgedächtnis löschen

Mit Hilfe der gleichförmigen Stimulation beruhigen sich die dauerstrapazierten Nerven und verändern das Schmerzgedächtnis innerhalb weniger Wochen.
Durch die kurzen Anwendungen von jeweils zweimal 20 Minuten pro Tag konnte Gisela R. die Therapie zu Hause durchführen. Heute nimmt sie keine Schmerzmittel mehr und treibt wieder viel Sport. „Ich sah mich schon im Rollstuhl. Es lohnt sich, nicht aufzugeben“, lautet ihr Tipp für andere Betroffene. (red)