Herz und Kreislauf

Niedriger Blutdruck: Warum auch er gefährlich werden kann

Vor Bluthochdruck wird immer gewarnt. Doch auch zu niedrige Werte sind ein Alarmsignal. Was es zu beachten gibt und wie man ohne Medikamente selbst gegensteuern kann.

30.11.2020
Auch Herzprobleme können dahinter stecken.  Foto: AdobeStock/Mladen Mitrinovic Auch Herzprobleme können dahinter stecken. Foto: AdobeStock/Mladen Mitrinovic

Die Beschwerden niedrigen Blutdrucks sind kaum von Befindlichkeitsstörungen zu unterscheiden, doch der Leidensdruck ist mitunter hoch: Schwindel, Benommenheit, Augenflimmern, morgendliche Müdigkeit, Antriebsmangel, Konzentrations- und Leistungsschwäche gehören dazu. Auch kalte Hände und Füße, gefühlter Luftmangel, Herzklopfen und innere Unruhe können auftreten.
Rund drei Millionen Menschen in Deutschland leiden unter einer „Hypotonie“, die nicht auf eine Vorerkrankung zurückgeht. „Viele Betroffene fühlen sich von Beschwerden wie Müdigkeit oder Herzrasen beeinträchtigt“, berichtet Prof. Dr. med. Thomas Meinertz vom Wissenschaftlichen Beirat der Deutschen Herzstiftung. Diese Form des niedrigen Blutdrucks tritt (bis zu den Wechseljahren) häufiger bei jüngeren Frauen als bei älteren Menschen auf. Die gute Nachricht: „Der niedrige Blutdruck ist für das Herz in aller Regel unbedenklich, wenn ihm keine Krankheiten zugrunde liegen“, betont der Kardiologe und Pharmakologe aus Hamburg. „Ist aber der Leidensdruck wegen der Beschwerden groß, sollten Betroffene zum Arzt, um organische Ursachen auszuschließen.“
Eine Hypotonie liegt vor, wenn der systolische (obere) Blutdruckwert unter 110 mmHg liegt. Dieser Grenzwert ist unabhängig von der Höhe des diastolischen (unteren) Blutdruckwerts.

Richtig behandeln

Zu diesen organischen Ursachen oder Krankheiten gehören eine Unterfunktion der Nebenniere (Morbus Addison), der Schilddrüse oder der Hirnanhangsdrüse, eine Blutarmut (Anämie), eine Erkrankung des vegetativen Nervensystems, Herzklappenfehler oder eine schwere Herzschwäche. Hier ist die Hypotonie das Symptom oder besser ein Alarmsignal einer Krankheit beziehungsweise einer organischen Fehlfunktion, die gegebenenfalls medikamentös oder operativ behandelt werden muss.
„Ein großes Glas Wasser vor dem Aufstehen kann den Blutdruck erhöhen. Bei längerem Stehen soll die Wadenmuskulatur bewegt werden, um Ohnmachten vorzubeugen. Und auf Alkohol sollte man weitgehend verzichten“, rät Meinertz. Auch ausgedehnte Krampfadern können die Neigung zu niedrigem Blutdruck verstärken. Für eine bessere Blutzirkulation in den Beinen sind diesen Personen Stützstrümpfe zu empfehlen. Zusätzlich sollten Betroffene beim Schlafen in der Nacht das Kopfende des Bettes um 15 cm hochstellen.

Gefahr für Ältere

Ältere Menschen leiden häufig unter einem Blutdruckabfall beim Wechsel vom Liegen oder Sitzen zum Stehen oder bei längerem Stehen („orthostatischer niedriger Blutdruck“). Schwindel, Benommenheit und Gangunsicherheit können dann unerwünschte Konsequenzen haben „Der Lagewechsel sollte schrittweise und langsam erfolgen“, rät der Experte. Interessant: Bei älteren Hochdruckkranken mit Beschwerden wie Schwindel und Benommenheit wird ein orthostatischer niedriger Blutdruck möglicherweise durch Medikamente ausgelöst. „Das können Diuretika sein, die die Wasserausscheidung verstärken, Blutdrucksenker wie Alphablocker, Psychopharmaka, Schlafmittel oder Medikamente gegen Parkinson“, so Meinertz.
Vorübergehend kann es bei jedem Menschen zu niedrigem Blutdruck kommen, etwa bei längerer Hitzeeinwirkung, nach Infektionskrankheiten oder Durchfall wegen des Flüssigkeitsverlusts und nach längerer Bettruhe.
Grundsätzlich rät die Deutsche Herzstiftung Menschen ab 35 Jahren zur regelmäßigen Blutdruckmessung beim Hausarzt, etwa im Rahmen des Gesundheits-Checkup alle zwei Jahre. (red)