Herz und Kreislauf

Herzschwäche durch Lifestyle-Drogen

Pillen, die auf Partys kursieren, scheinen nur positive Effekte zu haben. Doch das Gegenteil ist der Fall. Sie sind ein unsichtbarer Angriff auf das Herz!

04.05.2020
Foto: AdobeStock/monropic Foto: AdobeStock/monropic

Meist am Wochenende werden junge Patienten mit schwerster Luftnot in die Notaufnahme eingeliefert. Ihr Blutkreislauf ist so instabil, dass sie künstlich beatmet und massiv medikamentös behandelt werden müssen. Die Ursache für die schwere Funktionsstörung ihres Herzens: Feine Narben durchziehen den Herzmuskel und verdrängen funktionstüchtige Herzmuskelanteile. Deshalb arbeitet die linke Herzkammer nur noch schwach. Die toxikologische Untersuchung der Patienten ergibt eine hohe Amphetamindosis.

Junge Menschen betroffen

Meist sind es junge Patienten um die 20 bis 25 Jahre. „Bei allen Patienten fanden wir vergleichbare Schadensmuster, vorrangig eine hochgradig eingeschränkte Pumpleistung der linken Herzkammer“, berichtet Prof. Dr. med. Heinrich Klues, Chefarzt der Medizinischen Klinik I für Kardiologie und konservative Intensivmedizin am Helios Klinikum Krefeld, in einem Expertenbeitrag. Dazu zählen beschleunigtes Verengen der Herzkranzgefäße (Arteriosklerose), Herzschwäche und gefährliche Rhythmusstörungen bis hin zum plötzlichen Herztod.

Amphetamine machen Stress

Der Hintergrund: Amphetamine ähneln in ihrem chemischen Aufbau körpereigenen Botenstoffen, den Neurotransmittern, und veranlassen deren unkontrollierte und ungehemmte Ausschüttung. Die Folge ist ein Feuerwerk an Nervenimpulsen im Gehirn, was der Körper als künstlich erzeugten Stress erlebt. Deshalb wirken die Drogen auch so aufputschend und leistungssteigernd. Mediziner vermuten in dem dauerhaft erzeugten Stresszustand auch die eigentliche Ursache für die Vernarbungen im Herzmuskelgewebe. „Die Wirkung der Amphetamine ist auch deshalb bei jungen Erwachsenen so zerstörerisch, weil sie medizinisch zumeist erst dann auffällig werden, wenn ihr Herz bereits lebensbedrohlich geschädigt ist“, so Klues, der auch im Wissenschaftlichen Beirat der Deutschen Herzstiftung (www.herzstiftung.de) sitzt.

Unsicherheit groß

Die Patienten selbst wissen oft wenig über die Inhaltsstoffe, die Dosis oder mögliche Beimengungen ihrer „Partydrogen“. Zudem sind Arztbesuche von Jugendlichen und jungen Erwachsenen eher selten – dadurch wird die Chance einer frühen Diagnose verpasst. Angehörige dieser Altersgruppe verfügen über große Leistungsreserven und zeigen erst spät Symptome. Zudem werden erste Anzeichen häufig nicht beachtet oder fehlgedeutet.
Vor diesem Hintergrund mahnt die Deutsche Herzstiftung zu mehr Aufmerksamkeit. „Größere Sensibilität im familiären Umfeld und in den Schulen der Jugendlichen, aber auch bei den Ärzten in Praxen und Kliniken ist erforderlich“, meint Klues.

Infos und Rat suchen

Für Betroffene gibt es neben Selbsthilfegruppen in mehreren Städten Anlaufstellen wie die Beratungseinrichtungen der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA), die bundesweite „Sucht & Drogen Hotline“ und nicht zuletzt die Telefonseelsorge. (Michael Wichert/red)