Herz und Kreislauf

E-Zigaretten: Abschied von einem Mythos

Sie wurden lange als harmlose Alternative zur Zigarette gefeiert. Nun folgt die große Ernüchterung. Denn die handlichen Verdampfer sind kaum besser als die Glimmstängel.

10.06.2020
Die „rauchenden Colts“ sind entzaubert.	Foto: AdobeStock/Pia Jungblut Die „rauchenden Colts“ sind entzaubert. Foto: AdobeStock/Pia Jungblut

„Rauchen ohne Risiko“ und „Ausweg aus der Abhängigkeit“ – nichts weniger versprachen die Produzenten der E-Zigarette, als sie vor mehr als zehn Jahren auf den Markt drängten. Ihre Konsumenten wähnten sich lange auf der sicheren Seite und dampften sich selbstbewusst durch unsere Innenstädte. Doch nun hat sich der weiße Nebel verzogen. Zum Vorschein kommt eine eher graue Realität. Das Ergebnis der jüngsten Studie zur Wirkung der E-Zigarette auf Herz und Lunge: „Für Menschen, die E-Zigaretten dampfen, besteht ein erhebliches Risiko, chronische Lungenerkrankungen wie Asthma und COPD zu entwickeln.“ So steht es in der Zusammenfassung der wissenschaftlichen Untersuchung aus San Francisco, die vor kurzem im American Journal of Preventive Medicine veröffentlicht wurde. Demnach hat die E-Zigarette ähnlich negative Auswirkungen auf die Gesundheit wie das Rauchen traditioneller Tabakzigaretten.

Risiko auch fürs Herz

Schon länger gab es den Verdacht auf ein erhöhtes Lungenrisiko durch „Vaping-Produkte“. Doch nun wird er durch die Langzeitergebnisse der Studie untermauert. „Eine aktuelle Studie aus den USA hat erstmals Ergebnisse im Verlauf von über drei Jahren analysiert. Sie zeigt, dass bei Menschen, die E-Zigaretten konsumieren, die Wahrscheinlichkeit für eine chronische Atemwegs- oder Lungenerkrankung um etwa 30 Prozent steigt“, so Professor Dr. med. Robert Loddenkemper als Vertreter der Deutsche Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin e. V. (DGP). „Bei Zigarettenrauchern, die gleichzeitig E-Zigaretten konsumieren („Dual Use“), verdreifacht sich das Risiko sogar im Vergleich mit Nierauchern und Niedampfern.“
Zahlreiche neuere Querschnittsstudien belegen zudem, dass sich der Konsum von E-Zigaretten zusätzlich negativ auf das Herz-Kreislauf-System auswirken kann.

Werbeverbot zu spät

Der Grund: Das Liquid, das sich durch das Verdampfen in Luft auflöst, enthält Propylenglycol und Glycerin, meist aber noch Zusätze wie Wasser, Lebensmittelaromen, das Canabinoid THC und Nikotin. Auch Liquids, die bei Händlern ohne Lizenz gekauft wurden, und deren Inhaltsstoffe und Qualität nicht eindeutig waren, werden mit den Schädigungen in Zusammenhang gebracht. Die Langzeitfolgen sind auch noch nicht gut genug erforscht.
Die DGP setzt sich seit Langem für ein vollständiges Werbeverbot sowohl für traditionelle Tabakwaren als auch für E-Zigaretten ein. Dieses Verbot soll jedoch erst ab 2024 gelten. Diese lange Zeitspanne erscheint der Fachgesellschaft unverständlich und nicht akzeptabel, „besonders bei der jetzt offenkundigen erheblichen Gesundheitsschädlichkeit von E-Zigaretten“, sagt Professor Dr. med. Michael Pfeifer, Präsident der DGP. (red)