Haut, Haare und Ästhetik

Schönheit aus dem OP

Schönheitsoperationen boomen. Schon immer hat es wohl niemanden gegeben, der nicht schön sein wollte. Aber seit einigen Jahren steigt die Zahl derer, die sich für ein attraktiveres Äußeres unters Messer legen, stetig an. Und nichts scheint den Trend brechen zu können – im Gegenteil, die Corona-Pandemie hat ihm noch weiteren Schub verpasst.

15.06.2022
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Dr. med. Reinhard Titel
Facharzt für Chirurgie und Unfallchirurgie sowie Plastische, Ästhetische und Rekonstruktive Chirurgie
LILIUM Klinik Wiesbaden



Der Bauch ist zu dick, die Brüste zu klein und der Po zu flach: Viele Frauen sind, gerade wenn es Sommer wird und die Badesaison vor der Tür steht, mit ihrem Aussehen so unzufrieden, dass sie sich am liebsten gar nicht am Strand sehen lassen möchten. Waren es früher „nur“ die Models, die das Schönheitsideal prägten und an deren Formen sich Frauen - und Männer – orientierten, wenn es um die Frage ging, welcher Frauenkörper schön war, sind es heute Influencerinnen, die ihre idealen Figuren posten und dabei photoshoppen und schummeln, was das Zeug hält. Dass das jede und jeder weiß, tut der Signalwirkung eines solchen Idealbodys keinerlei Abbruch, im Gegenteil manifestiert er die Überzeugung, dass so und nicht anders Schönheit definiert wird. Und dass frau so und nicht anderes auszusehen hat, wenn sie attraktiv sein will. Nach wie vor sind Brustvergrößerungen die häufigsten Schönheitsoperationen weltweit, dicht gefolgt von Fettabsaugungen. Auch Männer lassen sich vermehrt Fett absaugen und die Haut am Brustkorb straffen. Und natürlich wird nicht nur am Körper, sondern auch im Gesicht operiert: Falten werden weggespritzt, Lider gestrafft und Lippen aufgepolstert.
Die Vereinigung der Deutschen Ästhetisch-Plastischen Chirurgen (VDÄPC), der rund ein Zehntel aller in Deutschland tätigen Schönheitschirurgen angehören, veröffentlichte Ende Mai ihre neue Operations- und Behandlungsstatistik 2022 und kann dabei auf einen eindeutigen Trend verweisen: So verzeichnet die VDÄPC einen Anstieg aller ästhetischen Behandlungen von rund 15 Prozent. Besonders gefragt seien Behandlungen mit Botulinumtoxin, Hyaluron und Fillern, so Dr. med. Steffen Handstein, Facharzt für Plastische und Ästhetische Chirurgie und VDÄPC-Präsident.
Der Corona-Pandemie hat sich auf die Zahl der ästhetischen Eingriffe ausgewirkt: Die Arbeit im Home-Office und das daraus fast zwangsläufig entstandene Bewegungsdefizit haben bei vielen zu Gewichtszunahmen geführt. Die ungeliebten Pfunde werden gerne dem Schönheitschirurgen anvertraut, der nicht nur das Fett absaugt, sondern den Körper gleich nach Wunsch modelliert. Jedoch, so Steffen Handstein, träfen viele Faktoren aufeinander, denn ratsam sei eine Fettabsaugung erst, wenn auch sportliche Betätigung und eine Diät bestimmte Fettpölsterchen nicht verschwinden lassen.
Und auch bei den Eingriffen im Gesicht hat die Pandemie Vorschub geleistet: Videokonferenzen, in denen man durchaus mehrmals pro Woche über Stunden mit dem eigenen Bild konfrontiert ist, ließen den Wunsch nach einem optimaler empfundenen Äußeren explodieren. So erleben die Gesichtsbehandlungen einen wahren Boom - auf Platz eins befinden sich
laut VDÄPC
die Faltenunterspritzungen mit Botulinumtoxin mit 27.018 Eingriffen, gefolgt von den Behandlungen mit Hyaluron und Fillern mit 21.574 Eingriffen.
Und auch Lippenkorrekturen liegen mit einem Zuwachs von 25,7 Prozent voll im Trend: Schließlich konnte unter der Maske gut verborgen werden, wenn es nach der – möglicherweise schon länger geplanten – Operation kurzzeitig zu Rötungen, Schwellungen oder blauen Flecken gekommen ist.
2021 hat die Nachfrage nach den sogenannten minimalinvasiven Behandlungen bei Frauen und Männern im Vorjahresvergleich um 13,8 Prozent zugenommen. „Gerade in Krisenzeiten wünschen sich viele Patientinnen und Patienten eine frische und wache Ausstrahlung, um den Alltag erfolgreich zu meistern“, erläutert Handstein. „Oft sind es nur Feinheiten wie beispielsweise kleine Fältchen um Mund und Augen, die verjüngt und aufgefrischt werden.“ So sind die Behandlungen mit Hyaluronsäure insgesamt um rund 15 Prozent gestiegen und die Faltenunterspritzung mit Botulinumtoxin erhöhen sich bei beiden Geschlechtern um 11,5 Prozent. Diese Behandlungen werden mittlerweile quer durch alle Bevölkerungsschichten in Anspruch genommen.
Auch bei den Männern beobachtet die VDÄPC eine steigende Nachfrage nach Optimierung bestimmter Gesichtspartien. Die Statistik verzeichnet im Vorjahresvergleich eine Steigerung um 24,4 Prozent bei den minimalinvasiven Behandlungen bei Männern. Neben der klassischen Kinnlinien-Konturierung spielt vermehrt auch die Bekämpfung von Mimikfalten wie beispielsweise der Zornesfalte eine tragende Rolle.
So verführerisch es sein mag, dem eigenen Schönheitsideal mithilfe einer Operation näher zu kommen, muss vor einem Eingriff jedem klar sein, dass jede OP Risiken birgt. Ein seriöser Chirurg wird seine Patientinnen und Patienten darüber aufklären und versuchen, zu verstehen, warum gerade dieser Eingriff vorgenommen werden soll. Wenn einfach nur ein Modetrend mitgemacht werden soll oder jemand einem Idol ähneln will, wird er abraten. Leidet der Patient oder die Patientin aber tatsächlich unter einem (vermeintlichen) Makel, verhilft die Ästhetische Chirurgie zu mehr Selbstwertgefühl, neuer Lebensqualität und damit zu mehr Wohlbefinden und Zufriedenheit. (eva)