Haut, Haare und Ästhetik

Dicke Kinder durch Parabene?

Nutzen Schwangere parabenhaltige Cremes, kann das Folgen für das spätere Gewicht ihrer Kinder haben. Mit diesem Ergebnis sorgt eine Studie für Aufsehen.

19.06.2020
Auf Lotionen ohne Parabene achten!   Foto: AdobeStock/New Africa Auf Lotionen ohne Parabene achten! Foto: AdobeStock/New Africa
Foto: Lilium Klinik

Dr. med. Reinhard Titel
Facharzt für Chirurgie und Unfallchirurgie sowie Plastische, Ästhetische und Rekonstruktive Chirurgie
LILIUM Klinik Wiesbaden



Parabene werden als Konservierungsmittel in Kosmetika eingesetzt. Schwangere, die diese Produkte nutzen und länger auf der Haut haben, könnten damit Einfluss auf das spätere Gewicht ihres Kindes haben. Das zeigen Wissenschaftler vom Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung (UFZ) gemeinsam mit Kollegen der Universität Leipzig und der Charité und dem Berlin Institute of Health (BIH) in einer aktuellen Studie.

Unerwünschter Nebeneffekt

Ausgehend von den Daten der Mutter-Kind-Studie LINA konnten sie epigenetische Veränderungen identifizieren, die durch Parabene hervorgerufen werden. Methylparaben, Propylparaben, Butylparaben – so oder so ähnlich heißen diese Stoffe, die in Kosmetika vielfach als Konservierungsmittel eingesetzt werden.
Was in Cremes oder Körperlotionen gegen Keime schützt, kann jedoch einen schwerwiegenden Nebeneffekt haben. „Und das im wahrsten Sinne des Wortes“, sagt UFZ-Umweltimmunologe Dr. Tobias Polte. „Nehmen Schwangere Parabene über die Haut auf, kann dies zu Übergewicht bei ihren Kindern führen.“

Mädchen besonders betroffen

Prof. Irina Lehmann vom Berliner Institute of Health (BIH) und der Charité – Universitätsmedizin Berlin schildert, wie die Forscher einen positiven Zusammenhang zwischen den Konzentrationen von Butylparaben im Urin der Mütter und einem erhöhten Body-Mass-Index der Kinder – insbesondere der Töchter – bis hin zum achten Lebensjahr feststellten.
„Mithilfe der App ToxFox des BUND konnten wir schnell und einfach prüfen, ob in den jeweiligen Kosmetika Parabene unter den Inhaltsstoffen waren“, erklärt Polte. „Und hohe Konzentrationen von Parabenen im Urin der Mütter gingen tatsächlich einher mit der Nutzung parabenhaltiger Kosmetika – insbesondere solcher, die lange auf der Haut verbleiben, wie etwa Cremes oder Körperlotionen.“

Gestörtes Sättigungsgefühl

Es zeigte sich, dass ein für die Steuerung des Hungergefühls maßgebliches Gen namens Proopiomelanocortin (POMC) im Gehirn der jungen Mäuse erstaunlich herunterreguliert war. Weitere Untersuchungen auf genetischer Ebene ergaben, dass hierfür eine epigenetische Veränderung verantwortlich war, die verhinderte, dass das entsprechende POMC-Gen abgelesen werden konnte.

Unliebsame Veränderungen

„Unter dem Einfluss von Parabenen während der Schwangerschaft entstehen bei den Nachkommen offensichtlich epigenetische Veränderungen, die die Regulation des natürlichen Sättigungsgefühls langfristig stören. Dadurch nehmen diese dann mehr Nahrung auf“, erklärt Polte. „Bei der Gewichtsentwicklung spielen natürlich noch weitere Faktoren eine wichtige Rolle, wie etwa eine hyperkalorische Ernährung sowie mangelnde Bewegung. Dennoch scheinen Parabene in der Schwangerschaft ein Risikofaktor für die Entstehung von Übergewicht darzustellen.“

Produkte vorher checken

Die Forscher empfehlen deshalb, dass werdende Mütter während der sensiblen Phasen von Schwangerschaft und Stillzeit unbedingt auf parabenfreie Produkte zurückgreifen sollten. Lehmann: „Viele Kosmetika sind bereits als parabenfrei deklariert, ansonsten hilft der Blick auf die Liste der Inhaltsstoffe oder zum Beispiel die Nutzung der App ToxFox.“(red)