Frauen- und Männergesundheit

Effektive Bestrahlung bei Brustkrebs

Nach der Brustkrebs-OP wird in der Regel zusätzlich zur Bestrahlung der gesamten Brust die unmittelbare Umgebung des entfernten Tumors gesondert intensiv bestrahlt. Diese „Boost“-Bestrahlung muss allerdings nicht zwangsläufig – wie bisher empfohlen – im Anschluss an die mehrwöchige Bestrahlung stattfinden. Sie ist ebenso wirksam, wenn sie simultan in ein modernes Bestrahlungskonzept integriert wird, wie eine Studie unter Leitung der Radiologischen Universitätsklinik Heidelberg ergeben hat.

12.07.2021
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Dr. Clara Park
Radiologin
RNS Gemeinschaftspraxis
Wiesbaden



Durch die integrierte Boost- Bestrahlung verkürzt sich die Strahlentherapie um rund zehn Tage auf fünf Wochen. Während der Nachbeobachtungszeit von fünf Jahren war das neue Bestrahlungskonzept in Behandlungs- und kosmetischem Ergebnis der Standartbehandlung gleichwertig. „Die kürzere Bestrahlungszeit ist für die Patientinnen eine deutliche Erleichterung und damit im Hinblick auf die Lebensqualität im Vorteil“, sagt Erstautorin und Privatdozentin Dr. Juliane Hörner-Rieber, Geschäftsführende Oberärztin der Abteilung Radioonkologie und Strahlentherapie an der Radiologischen Universitätsklinik Heidelberg.

Die vom Bundesministerium für Bildung und Forschung geförderte Studie ist eine Kooperation der Universitätskliniken Heidelberg und Tübingen. An beiden Standorten wurden zwischen 2011 und 2015 insgesamt 502 Brustkrebs-Patientinnen nach brusterhaltender Operation und mit erhöhtem Risiko für ein Wiederauftreten des Tumors in die Studie eingeschlossen. Die Zuteilung zu den beiden Behandlungsgruppen erfolgte zufällig.

Erster Schritt für eine Alternative zur Boost-Bestrahlung

Die aktuellen Leitlinien der Amerikanischen Gesellschaft für Radioonkologie (ASTRO) zur Strahlentherapie bei Brustkrebs empfehlen bislang noch die anschließende Boost-Bestrahlung. „Das liegt daran, dass es bisher noch keine belastbaren Daten zur Bewertung des integrierten Boosts gab“, sagt Professor Dr. Dr. Jürgen Debus, Ärztlicher Direktor der Radiologischen Universitätsklinik und Letztautor der Studie. „Unsere Ergebnisse sind ein erster wichtiger Schritt zur evidenzbasierten Aktualisierung der Leitlinien.“ Insbesondere moderne Bestrahlungstechniken wie die sogenannte Intensitätsmodulierte Radiotherapie (IMRT), bei der Risikoorgane bestmöglich geschont werden können, haben der neuen Entwicklung den Weg geebnet. Inwieweit sich die Ergebnisse auf die seit rund drei Jahren zunehmend angewandte, verkürzte Radiotherapie der Brust übertragen lassen, ist Gegenstand aktueller Studien.

In der Heidelberger Studie wird nun eine weitere, drastische Verkürzung der Bestrahlungszeit untersucht: Dabei erhalten die Patientinnen mit Niedrigrisikotumor die Bestrahlung unmittelbar während der Operation als einmalige
intraoperative Bestrahlung des Tumorbettes. Die Studie läuft bis 2023, erste Ergebnisse liegen voraussichtlich 2024 vor. (red)