Frauen- und Männergesundheit

Belastungsstörungen nach Diagnose Gebärmutterhalskrebs

Wie gehen Frauen mit positiven Pap-Abstrichen und HPV-Tests um? Die größte Studie dazu zeigt, was das mit ihrer Psyche macht. Experten fordern eine bessere Aufklärung und genauere Diagnostik.

20.11.2020
Foto: Alexander Sell

Dr. Clara Park
Radiologin
RNS Gemeinschaftspraxis
Wiesbaden



Posttraumatische Belastungsstörungen sind im Zusammenhang mit schwierigen Diagnosen keine Seltenheit. Eine Studie der Firma oncgnostics zeigt dies nun am Beispiel der Gebärmutterhalskrebsvorsorge, die am Welttag der seelischen Gesundheit am 10. Oktober vorgestellt wurde. Im Rahmen einer Online-Umfrage mit 3753 Frauen – der größten zu diesem Thema – hatte die Hälfte der Frauen mindestens einen auffälligen Befund bekommen.
Rund ein Viertel der Befragten gab an, länger als ein Jahr auffällige Befunde erhalten zu haben. 28 Prozent der Frauen zeigten zum Befragungszeitpunkt Symptome einer Posttraumatischen Belastungsstörung.

Typische Symptome

Dazu zählen neben einem Vermeidungsverhalten das häufige und unkontrollierbare Beschäftigen mit ungeklärten, quälenden Fragen und Gedanken, die durch tiefe seelische Erschütterungen aufgeworfen wurden (sog. Intrusion). Weiterhin können Anzeichen einer Übererregung des Nervensystems auftreten (sog. Hyperarousal). Dies führt u. a. zu Schlafstörungen, Schreckhaftigkeit oder erhöhter Reizbarkeit.
Zum Hintergrund: Im Rahmen der jährlichen Krebsvorsorge nimmt der behandelnde Gynäkologe einen Abstrich aus dem Gebärmutterhals und vom Muttermund. Dieser wird auf Zellveränderungen hin analysiert. Liegen Auffälligkeiten vor, wird die Patientin informiert und durchläuft von da an das „kontrollierte Zuwarten“.
Da die meisten Veränderungen von allein ausheilen, ohne dass eine Krebserkrankung entsteht, werden die benötigten Pap- und HPV-Tests in regelmäßigen Abständen wiederholt.

Leben mit der Angst

Gebärmutterhalskrebs entsteht über Vorstufen und entwickelt sich oft sehr langsam. Es kann Jahre dauern, bis eine betroffene Frau die Gewissheit hat, ob sie an Krebs erkrankt ist. Selbst körperlich gesunde Frauen sind durch diese von Ungewissheit geprägte Vorgehensweise gefährdet, psychisch zu erkranken. Angst vor einer Krebserkrankung oder Auswirkungen auf die Familienplanung sind mögliche Folgen.
„Es bedarf viel mehr Aufklärung dazu, was auffällige Befunde bzw. ein positiver HPV-Test wirklich bedeuten. Zudem brauchen wir eine wesentlich genauere Diagnostik, um die psychische Belastung durch unklare Befunde erst gar nicht entstehen zu lassen“, fordert Dr. Martina Schmitz, Geschäftsführerin der oncgnostics GmbH und Co-Autorin der Studie.
(red)