Alters- und Palliativmedizin

Wenn der Abschied gekommen ist

08.09.2022
Abschiednehmen ist für die Angehörigen nicht leicht.  Foto: AdobeStock/ollirg Abschiednehmen ist für die Angehörigen nicht leicht. Foto: AdobeStock/ollirg

Wenn ein Angehöriger lange gepflegt wird oder auch akut schwer erkrankt, ist der Gedanke an den Tod nicht fern. Aber wenn der Kranke dann tatsächlich stirbt, ist sein Tod oft kaum zu fassen: Häufig versetzt ein Todesfall in der Familie die Hinterbliebenen in eine Art Schockzustand. Nicht nur, dass ein geliebter Mensch gegangen ist – mit seinem Tod ist auch eine wichtige Aufgabe für den pflegenden Angehörigen oder den Partner weggefallen

jetzt muss er sein Leben selbst erst wieder neu ordnen. Dafür muss ihm die Möglichkeit gegeben werden, den Tod des anderen zu verarbeiten.
Die Schweizer Psychologin Verena Kast teilt den Prozess der Abschiednahme in vier Trauerphasen ein. In der ersten Phase des Nicht-Wahrhaben-Wollens fällt die Trauerverarbeitung oft sehr schwer. Umso wichtiger ist es, sich bewusst mit dem Tod der Person auseinanderzusetzen, an der Trauerfeier und der Beisetzung teilzunehmen. Sie ist ein würdiger Rahmen, gemeinsam mit anderen Wegbegleitern Abschied
zu nehmen

auch wenn es manchmal unerträglich scheint, den Sarg oder die Urne vor sich zu sehen und schließlich der Erde zu über-geben.
Die zweite Trauerphase betitelt Verena Kast mit „Aufbrechende Emotionen“, weil Trauernde in dieser Phase oft von Gefühlsausbrüchen überrollt werden. Schmerz, Schuldgefühle, aber auch Wut auf den Verstorbenen können aufkommen und sollten zugelassen werden. In der dritten Phase „Suchen und Sich Trennen“ beginnt die eigentliche Trauerarbeit und die aktive Auseinandersetzung mit dem Tod des anderen. Häufig werden jetzt Orte der Erinnerung besucht oder auch Zwiegespräche mit dem Verstorbenen geführt.
In der letzten Phase des Trauerprozesses finden die Trauernden Frieden. Der Abschied von dem Verstorbenen wird akzeptiert – wenn das geschehen ist, können sie wieder Lebensmut fassen und sich anderen, neuen Aufgaben zuwenden. Allmählich tritt der Schmerz über den Verlust des Verstorbenen in den Hintergrund, während die Erinnerung an den geliebten Menschen bestehen bleibt. (eva)