Alters- und Palliativmedizin

Warum im Alter die Wörter fehlen

17.11.2021

Eigentlich nimmt der Wortschatz im Laufe des Lebens kontinuierlich zu. Dennoch fällt es vielen Menschen mit zunehmendem Alter schwerer, im entscheidenden Moment die richtigen Wörter parat zu haben. Woran das genau liegt, wollten Forscher des Max-Planck-Instituts für Kognitions- und Neurowissenschaften sowie der Universität Leipzig herausfinden. Dabei sind sie auf Netzwerke im Gehirn gestoßen, deren Kommunikation zunehmend ineffizienter werden.
Untersucht haben die Forscher diese Zusammenhänge mithilfe von zwei Gruppen – jüngeren StudienteilnehmerInnen zwischen 20 und 35 Jahren und älteren zwischen 60 und 70 Jahren. Beide Gruppen sollten im MRT-Scanner Wörter nennen, die zu bestimmten Kategorien gehören, darunter Tiere, Metalle oder Fahrzeuge.
Dabei wurde deutlich: Beide Altersgruppen waren zwar gut darin, Begriffe zu finden. Die Jüngeren waren jedoch etwas schneller. Der Grund dafür könnte in den unterschiedlichen Hirnaktivitäten liegen. Bei den Jüngeren waren zum einen nicht nur die Sprachareale selbst aktiver. Bei ihnen zeigte sich auch ein intensiverer Austausch innerhalb zwei entscheidender Netzwerke: dem Netzwerk für das semantische Gedächtnis, in dem Faktenwissen abgespeichert ist, und dem exekutiven Netzwerk, das für allgemeine Funktionen wie Aufmerksamkeit und Gedächtnis zuständig ist. Bei den Älteren war es umgekehrt. Hier zeigten exekutive Areale stärkere Aktivität, was darauf hinweist, dass die Aufgabe für diese Personen insgesamt schwieriger zu bewältigen war. Außerdem war der Austausch innerhalb der entscheidenden Netzwerke weniger effektiv als bei den Jüngeren. Am ehesten profitierte die ältere Gruppe vom Austausch zwischen den Netzwerken, der ist allerdings mit Einbußen verbunden. „Die Kommunikation innerhalb von neuronalen Netzwerken ist effizienter und damit schneller als zwischen ihnen“, sagt Sandra Martin, Doktorandin am MPI CBS und Erstautorin der zugrundeliegenden Studie, die im Fachmagazin „Cerebral Cortex“ erschienen ist. Warum sich diese Aktivitätsmuster mit dem Alter verschieben, ist bislang nicht vollständig geklärt. Eine Theorie ist laut Martin, dass man sich im Laufe der Jahre mehr auf das Sprachwissen verlasse, das man habe, sodass der Austausch zwischen Netzwerken in den Fokus rückt, während sich jüngere Menschen stärker auf ihr schnelles Arbeitsgedächtnis und kognitive Kontrollprozesse verlassen.

(red)