Alters- und Palliativmedizin

So geht sterben

Nur eines ist im Leben wirklich sicher: Jeder wird einmal sterben. Früher war der Tod allgegenwärtig, heute wird er oft aus dem Leben ausgeklammert und ist mit Tabus behaftet. Doch was passiert beim Sterben eigentlich?

17.11.2021

Der Tod kommt oft unspektakulär und still. Ganz allmählich stellen die Lebensfunktionen ihre Tätigkeit ein, der Herzschlag hört auf und dem Ausatmen folgt kein weiteres Einatmen mehr.
Die Palliativmedizin bezeichnet den Prozess des Sterbens als „Finalphase“. Nicht nur die Körperfunktionen erlöschen, auch das Bewusstsein des Sterbenden verändert sich, wendet sich von seiner Umgebung ab und richtet sich nach innen. Der Tod ist dann nicht mehr weit - ein paar Stunden oder höchstens ein paar Tage entfernt. Er kündigt sich durch mehrere Anzeichen an: Die Augen des Sterbenden sind zwar geöffnet, aber sie sehen nicht mehr wirklich. Weil die Muskulatur erschlafft, steht der Mund halboffen. Leber-und Nierenfunktion lassen nach, und weil der Körper deshalb nicht mehr entgiftet wird, werden Schadstoffe aus dem Blut ins Gehirn transportiert. Allmählich setzt eine Vergiftung des Körpers ein, die zu Wahrnehmungs- und Bewusstseinstrübungen führt. Jetzt reagiert der Sterbende nicht mehr auf seine Umgebung. Er ist zutiefst ermattet und befindet sich in einem Zustand zwischen Wachsein und Schlaf, wie der Dachverband Hospiz Österreich erklärt. Es gelingt jetzt kaum noch, den Sterbenden aufzuwecken - oft reagiert er nur noch auf die Stimme eines Menschen, der ihm sehr nahe steht. Viele Mediziner sind davon überzeugt, dass das Gehör und der Tastsinn lange erhalten bleiben - dass auch ein Mensch, dessen Bewusstsein längst eingetrübt ist, es spürt, wenn der Partner seine Hand hält, ihm über die Arme streicht und mit ihm spricht.
Der Körper fährt den Stoffwechsel herunter, der Sterbende hat keinen Hunger mehr, meist nicht einmal mehr Durst. Werden Lippen und Mund sanft befeuchtet, bringt ihm das Erleichterung.
Auch das Gesicht des Sterbenden hat sich verändert: Die Haut ist fahl, vor allem um Lippen und Nase herum. Augen und Wangen sind eingefallen, die Nase wirkt unnatürlich spitz. Schon Hippokrates von Kos, der berühmteste Arzt der Antike, hat dieses Phänomen des nahenden Todes beschrieben, das noch heute als „facies hippocratica“ bezeichnet wird.
Häufig wird der Patient in den letzten Stunden vor dem Tod unruhig, bewegt die Füße hin und her und zupft an der Bettdecke. Längst hat sich das Blut aus Händen und Füßen zurückgezogen, die kalt werden und sich bläulich verfärben können. Manchmal bilden sich in der Haut von Unterschenkeln und Füßen dunkle Flecken. Die Körperunterseite, aber auch Knie und Hände verfärben sich durch die schlechtere Durchblutung und erscheinen marmoriert.
Die Atmung wird unregelmäßiger und flacher. Während manche Sterbenden unter Luftnot zu leiden scheinen und eine Schnappatmung entwickeln, setzt bei anderen der Atem auch über Minuten aus. Nicht selten wird die Atmung kurz vor dem Tod rasselnd, weil sich Schleim in den Atemwegen gesammelt hat, den der Sterbende nicht mehr abhusten kann. Der Herzschlag wird langsam und unregelmäßig, der Blutdruck fällt ab. Dem letzten Atemzug folgt kein nächster mehr, und
das Herz hört auf, zu schlagen. Die Körperzellen werden nicht mehr mit Sauerstoff versorgt und die Hirnzellen sterben ab. Der Tod ist eingetreten, ein Menschenleben hat sich vollendet.
(eva)