Alters- und Palliativmedizin

Geriatrie: Ganzheitliche Altersmedizin

xxJedes Lebensalter hat seine Besonderheiten, auch und gerade in der Medizin. Die Geriatrie befasst sich mit den Krankheiten alter Menschen und deren umfassender Versorgung.

08.03.2023
Foto: AdobeStock/Heiko Küverling Foto: AdobeStock/Heiko Küverling

Niemand käme auf die Idee, ein Kind genauso wie einen Erwachsenen zu behandeln, wenn es krank ist. Sein Organismus ist ein anderer, und es braucht eine speziell auf Kinder abgestimmte Medikation und Behandlung. Der menschliche Organismus verändert sich mit den Jahren – so reagiert der Körper eines 30-Jährigen ganz anders als der eines 90-Jährigen, auch wenn beide beispielsweise wegen eines gebrochenen Beins im Krankenhaus versorgt werden. Beim alten Menschen liegen oft weitere Krankheiten vor, die Genesung dauert länger und eine Erkrankung kann weiterreichende Folgen haben als bei einem jüngeren: Nach einem Knochenbruch und langer Bettruhe muss der hochbetagte Mensch häufig erst wieder mühsam mobilisiert werden, damit er wieder auf die Beine kommt und in seinen früheren Alltag zurückkehren kann.

Das ist die Aufgabe der Geriatrie: Die Altersmedizin betrachtet nicht nur die Krankheiten des alternden Menschen, sondern geht von einem ganzheitlichen Konzept der umfassenden Versorgung der Patientin oder des Patienten aus. In den meisten europäischen Ländern ist die Geriatrie ein eigenes Fach oder ein Schwerpunkt der Inneren Medizin. In Deutschland werden derzeit an den Universitäten immer mehr Lehrstühle für Geriatrie eingerichtet. Auch längst praktizierende Ärzte können sich zum Geriater fortbilden.

Doch wie wird die Geriatrische Medizin genau definiert? Die Geriatrie versorgt Menschen mit alterstypischen Krankheiten. Häufig sind sie von Mehrfacherkrankungen betroffen, gebrechlich und über 80 Jahre alt. Um dieser Patientengruppe gerecht zu werden, ist ein ganzheitlicher Ansatz erforderlich. Beim hochbetagten Menschen zeigen sich Krankheiten oft anders als beim jüngeren und lassen sich dadurch meist schwerer diagnostizieren. Gerade auch, weil neben der akuten oft auch chronische Krankheiten bestehen. Der Therapieerfolg lässt länger auf sich warten, und zudem besteht meist zusätzlich auch der Bedarf an sozialer und pflegerischer Unterstützung. So ist das Ziel der Geriatrie, nicht nur bestimmte Symptome zu behandeln, sondern den Gesamtzustand des Patienten zu beachten, diesem ganz individuell zu begegnen und ihn zu unterstützen, so lange wie möglich autonom zu bleiben und ein Stück Lebensqualität zu bewahren. Dafür ist ein interdisziplinäres Team erforderlich: So arbeiten beispielsweise Physio- und Ergotherapeuten, Psychologen, Ernährungsberater und Logopäden eng zusammen, wenn es darum geht, den funktionellen Abbau des alternden Organismus aufzuhalten und das bisherige Niveau der Autonomie für den Alltag zu erhalten oder wiederherzustellen, wie die Deutsche Gesellschaft für Geriatrie informiert. Kommt ein betagter Patient zum Beispiel nach einem Sturz ins Krankenhaus, wird er selbstverständlich zunächst in der entsprechenden Abteilung versorgt. Sind die körperlichen Funktionsdefizite oder alterstypische Mehrfacherkrankungen jedoch gravierend, rücken die geriatrischen Maßnahmen mit der multiprofessionellen Therapie und Rehabilitation schnell in den Vordergrund der Behandlung.

Die Einschränkungen hochbetagter und pflegefallgefährdeter Patienten werden häufig als „Geriatrische I‘s“ bezeichnet und umfassen unter anderem Immobilität, Irritabilität, Instabilität, Inkontinenz und Impotenz und reichen bis zur (sozialen) Isolation
– ein weiteres Problem, das in der geriatrischen Versorgung immer wieder auftritt und das nicht unterschätzt werden darf. Angesichts des demografischen Wandels und der älter werdenden Bevölkerung wird die Arbeit des Geriaters immer wichtiger werden. Die Versorgung geriatrischer Patienten ist nicht nur eine medizinisch-therapeutische Herausforderung, sondern längst auch eine gesamt-gesellschaftliche. Die immer weiter wachsende Anzahl hilfs- und pflegebedürftiger alter Menschen fordert Versorgungskonzepte‚ und -ideen auch von der Politik.

(eva)