Allgemeine Medizin

Was der Beckenboden alles kann

Der Beckenboden bildet den muskulösen Abschluss der Bauch- und Beckenhöhle und stützt die inneren Organe. Erschlafft er, kann das vor allem zu Inkontinenz-Problemen führen - sowohl bei Frauen als auch bei Männern.

17.11.2021

Ein Muskel, von dem man im Normalfall nichts merkt - kein Wunder, dass sich um den Beckenboden Mythen ranken. Ob als „Liebesmuskel“ gefeiert oder als Schuldiger für Inkontinenz gebrandmarkt - etwas Wahres steckt durchaus dahinter. Doch was macht der Beckenboden eigentlich?
„Ein kräftiger und gesunder Beckenboden bietet allen inneren Organen Halt. Er kann unser Körpergefühl stärken, unsere aufrechte Haltung verbessern und einen positiven Einfluss auf unser sexuelles Erleben haben. Ein gesunder Beckenboden kann Kraftzentrum für den ganzen Körper sein“, so der Schweinfurter Gynäkologe Dr. Stefan Schwind auf seiner Webseite.
Der Beckenboden hat drei Aufgaben - er muss sich anspannen und wieder entspannen und bei Druckerhöhungen im Bauchraum (beispielsweise beim Lachen oder Niesen) einen Gegendruck aufbauen können. Das Anspannen des Beckenbodens sorgt dafür, dass der Urin gehalten werden kann, dient also dazu, die Kontinenz zu sichern. Dabei werden die Harnröhre und der Schließmuskel der Harnblase von der Beckenbodenmuskulatur gestützt. Beim Wasserlassen und beim Stuhlgang entspannt sich der Beckenboden, ebenso bei der männlichen Erektion. Bei der Frau entspannt sich der Beckenboden beim Geschlechtsverkehr. Beim Orgasmus wechseln sich Anspannung und Entspannung ab, der Beckenboden pulsiert.
Werden die verschiedenen Muskelschichten des Beckenbodens geschwächt, können sie ihre Funktion nicht mehr richtig ausüben. Kann er beispielsweise beim schweren Tragen, beim Husten oder Hüpfen nicht mehr genug Gegendruck aufbauen, kommt es zum ungewollten Urinverlust. Bei Frauen wird der Beckenboden durch (komplizierte) Geburten geschwächt, bei Männern häufig durch Prostataoperationen. Übergewicht, Bindegewebs- und Haltungsschwächen tragen ebenfalls zur Erschlaffung des Beckenbodens bei.
Ein gezieltes Beckenbodentraining hilft, ihn wieder zu stärken. Frauen sollten allerdings nicht in den ersten Tagen nach der Geburt mit der Beckenbodengymnastik beginnen, sondern ihrem Körper erst ein wenig Ruhe gönnen. In der Regel wird geraten, rund sechs Wochen nach der Geburt mit dem regelmäßigen Training anzufangen. Zu vielen Kursen, gerade, wenn sie von Hebammen angeboten werden, können die Babys auch mitgebracht werden.
Männern mit einer anstehenden Prostataoperation wird geraten, schon vor der OP mit dem Training der Beckenbodenmuskulatur zu beginnen, weil die Patienten die Übungen vor der Operation leichter erlernen und sie danach direkt anwenden können.

(eva)