Allgemeine Medizin

So läuft eine postmortale Organspende ab

Organspende ist ein Thema, vor dem sich viele Menschen immer noch drücken. Obwohl sich in Umfragen der Großteil der Bevölkerung dafür ausspricht, sieht die Realität anders aus. „Noch immer sterben jedes Jahr viele hundert Menschen, die wir mit einem Spenderorgan retten könnten“, sagte Prof. Dr. Dr. Dr. h. c. Eckhard Nagel, langjähriges Mitglied des Deutschen Ethikrates, anlässlich des „Tages der Organspende“, der Anfang Juni stattfand. Ein möglicher Grund für die Diskrepanz: Viele wissen nicht, wie genau das Ganze eigentlich abläuft. Deshalb hier ein Überblick.

12.07.2021
Der Transport von Spendeorganen muss sorgfältig und medizinisch einwandfrei erfolgen.  Foto: AdobeStock/Dan Race Der Transport von Spendeorganen muss sorgfältig und medizinisch einwandfrei erfolgen. Foto: AdobeStock/Dan Race

Das Transplantationsgesetz (TPG) schreibt zwei Bedingungen für die postmortale Entnahme von Organen vor: Zum einen muss der Tod des Menschen durch Nachweis des irreversiblen Ausfalls der Gesamtfunktion des Großhirns, des Kleinhirns und des Hirnstamms zweifelsfrei feststehen und zum anderen muss eine Einwilligung zur Organspende vorliegen.

Die Vorgaben zur Durchführung der Feststellung des Todes durch irreversiblen Hirnfunktionsausfall sind in den Richtlinien der Bundesärztekammer genau festgelegt und verbindlich. Die Untersuchungen werden von zwei Ärzten unabhängig voneinander durchgeführt und protokolliert. Mindestens einer dieser Ärzte muss ein Facharzt für Neurologie oder Neurochirurgie sein. Verfügt ein Entnahmekrankenhaus nicht über Ärzte, die dafür qualifiziert sind, unterstützt die Deutsche Stiftung Organtransplantation (DSO) auf Anfrage bei der Kontaktvermittlung zu erfahrenen Ärzten auf diesem Gebiet.

Vor der Einleitung der Maßnahmen für eine Organentnahme überprüfen die DSO- Koordinatoren die formale Korrektheit der Todesfeststellung anhand der Untersuchungsprotokolle. Ob der Verstorbene seinen Willen zur Organspende zum Beispiel in einem Organspendeausweis dokumentiert oder mündlich mitgeteilt hat, klärt in den meisten Fällen der behandelnde Arzt mit den Angehörigen.

Ist keine Entscheidung bekannt, werden die Angehörigen gebeten, eine Entscheidung nach dem vermuteten Willen des Verstorbenen oder nach eigenen Wertvorstellungen zu treffen. In vielen Fällen nimmt an diesen Gesprächen auch ein DSO-Koordinator teil. Auf Wunsch können die Hinterbliebenen weitere Personen zur Entscheidungsfindung hinzuziehen.

Liegt eine Einwilligung zur Organspende vor, werden bei dem Verstorbenen die intensivmedizinischen Maßnahmen bis zum Zeitpunkt der Entnahme fortgeführt, damit die Funktion der Organe für die späteren Empfänger erhalten bleibt.

Empfängerschutz und Organvermittlung

Die DSO-Koordinatoren veranlassen alle notwendigen medizinischen Untersuchungen
des Verstorbenen. Mit der sorgfältigen Analyse der Daten sollen mögliche Erkrankungen und Infektionen des Spenders erkannt werden, die die Empfänger gefährden könnten. In Laboruntersuchungen werden außerdem die Blutgruppe und Gewebemerkmale bestimmt. Beides sind wichtige Daten für die Vermittlung der Organe.

Zusammen mit weiteren Angaben zum Spender sendet die DSO die Ergebnisse an die Vermittlungsstelle Eurotransplant. Dort gleicht ein Computerprogramm die Daten des Spenders mit denen der Patienten auf den Wartelisten ab und ermittelt die passenden Empfänger. Dabei spielen Aspekte wie Dringlichkeit, Gewebeübereinstimmung und Erfolgsaussicht eine wichtige Rolle. Die Richtlinien für die Organvermittlung erstellt hierzulande die Bundesärztekammer.

Die Entnahme der Organe

Nach dem Tod können Nieren, Herz, Leber, Lunge, Pankreas und Darm für eine Transplantation gespendet werden. In der Regel entnehmen die Chirurgen, die auch die
spätere Transplantation durchführen, Herz und Lunge. Nieren, Pankreas und Leber entnehmen in den meisten Fällen regionale Entnahmeteams. Bei Bedarf organisiert die DSO auch die Entnahmeteams für die jeweiligen Organe. Bei der Organentnahme ist der respektvolle Umgang mit dem Spender oberstes Gebot. Die Organspende erfolgt unter den gleichen Bedingungen wie jede andere Operation. Die Ärzte verschließen die Operationswunde sorgfältig und übergeben den Spender in würdigem Zustand. Die Angehörigen können sich nach der Organentnahme in gewünschter Weise von dem Verstorbenen verabschieden.

Der Organtransport

Sobald der Empfänger eines Organs feststeht, leitet der Koordinator die Organisation des Transports ein. Der Transport von Spenderorganen muss schnell, äußerst sorgfältig und medizinisch einwandfrei geschehen.

Einige Organe lassen sich nur für kurze Zeit konservieren, ein Herz beispielsweise für vier Stunden. Bei einer Niere können über 20 Stunden von der Entnahme bis zur Transplantation vergehen. Für den Transport werden die Organe in speziellen Transportkisten in einer konservierenden Lösung und auf Eis gelagert.

Je nach Anforderung und Entfernung können die gespendeten Organe entweder mit dem Auto, dem Flugzeug oder – in seltenen Fällen – mit dem Hubschrauber oder der Bahn transportiert werden. Am Ziel angekommen, kann das Organ nun einem anderen Menschen das Leben retten. (dho)