Allgemeine Medizin

Neue Patientenleitlinien für Long-Covid

Müdigkeit, Erschöpfung, Konzentrationsstörungen – 10 bis 15 Prozent der Patienten klagen nach einer Infektion mit SARS-CoV-2 über mehr als 200 Symptome, die nicht abklingen. Mediziner bezeichnen diese Langzeitfolgen als Long- oder Post-Covid-Syndrom. Betroffene wissen häufig nicht, was sie tun sollen oder an wen sie sich wenden können. Doch nun gibt es Abhilfe.

17.11.2021

Die Deutsche Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin e.V. (DGP) hat zusammen mit anderen Fachgesellschaften und Betroffenen die neue Patientenleitlinie „Long-/Post-Covid-Syndrom“ veröffentlicht, die sich speziell an Betroffene und Angehörige richtet. Die Leitlinie gibt einen Überblick über aktuelle Symptome der Erkrankung und zeigt auf, was Erkrankte tun können, um mit den Beschwerden zurechtzukommen.
„In Folge meiner Infektion leide ich unter Denk- und Konzentrationsstörungen. Was hat das zu bedeuten? Wird sich das wieder bessern?“ „Was kann ich gegen Fatigue unternehmen?“ „Seit meiner Covid-19-Erkrankung habe ich häufig Kopfschmerzen. Woher kommt das?“ „Was kann ich gegen die Riechstörungen tun? An wen wende ich mich jetzt?“ Diese und weitere Fragen von Erkrankten beantwortet die neue Patientenleitlinie, die sich auf die ärztliche S1-Leitlinie „Long-/Post-Covid“ stützt. „An der Leitlinie waren nicht nur Ärzte, sondern auch Betroffene und Selbsthilfegruppen beteiligt“, sagt Dr. med. Christian Gogoll, federführender Koordinator der Patientenleitlinie. „Das Ergebnis ist ein allgemeinverständlicher Überblick, der ganz explizit auf die Themen eingeht, die Long- beziehungsweise Post-Covid-Patienten beschäftigen.“
Neue beziehungsweise direkt nach einer Covid-19-Infektion entstandene und anhaltende Symptome werden als Long- oder Post-Covid bezeichnet. Laut Definition des Britischen National Institute for Health and Clinical Excellence (NICE) werden als Long-Covid Beschwerden beschrieben, die mehr als vier Wochen nach der akuten Covid-19-Erkrankung bestehen. Post-Covid hingegen beschreibt das Krankheitsbild ab der 12. Woche nach der ursprünglichen Infektion.
Personen, die sich Sorgen über ihren Gesundheitszustand im Zusammenhang mit Covid-19 machen, sollten – unabhängig davon, ob sie positiv auf das Coronavirus getestet wurden oder nicht – einen Arzt aufsuchen. Für Patienten, die an Covid-19 erkrankt waren, empfiehlt sich generell ein Nachsorgetermin. „In erster Instanz sollten Patienten immer eine Hausarztpraxis kontaktieren – idealerweise die, in der sie bereits bekannt sind und die ihre Krankengeschichte kennt“, sagt Gogoll. „Dieses Vorgehen verhindert, dass sich Betroffene bei unterschiedlichen Spezialisten vorstellen und, auf sich allein gestellt, von Termin zu Termin durchkämpfen müssen. Vom Hausarzt werden die Patienten ausführlich körperlich untersucht und je nach Beschwerden, die bei Long- und Post-Covid vielfältig sind, gezielt weitere Untersuchungen wie erweiterte Lungenfunktionstests oder ein Elektrokardiogramm (EKG) durchgeführt beziehungsweise veranlasst.“ Wenn Fachärzte wie Pneumologen, Kardiologen oder Psychosomatiker aufgesucht oder Behandlungen in unterschiedlichen Ambulanzen, Physio- und Ergotherapie oder Rehamaßnahmen vorgenommen werden müssen, können die Hausarztpraxen dorthin überweisen.
Die DGP möchte mit der Patientenversion der Long-/Post-Covid-Leitlinie vor allem die Betroffenen selbst aufklären. „Patienten sollten sich darüber bewusst sein, dass anhaltende Symptome auch nach einem milden und moderaten COVID-19-Verlauf möglich sind“, sagt Professor Dr. med. Torsten Bauer, Präsident der DGP. „Die Symptome bilden sich bei einem Großteil der Fälle im Verlauf einiger Wochen bis Monate vollständig zurück. Meist bleiben keine bleibenden Schäden“, ergänzt Professor Dr. med Claus Vogel-meier, Vorsitzender der DLS.

Die vollständige Patientenleitlinie steht auf der AWMF-Website (www.awmf.org/leitlinien/detail/ll/020-027.html) zum Download bereit. Bei der Leitlinie handelt es sich um eine sogenannte Living Guideline – eine lebende Leitlinie, die basierend auf neuen wissenschaftlichen Erkenntnissen laufend aktualisiert wird.
Wie hoch die Zahl der Betroffenen ist, die unter Long-/Post-Covid leiden, lässt sich derzeit noch nicht exakt beziffern. Sicher ist nur, dass Personen mit einem schweren Verlauf auch häufiger unter längerfristigen Symptomen leiden. Allerdings können auch Personen, die nur leicht an Covid-19 erkrankt waren, Langzeitfolgen entwickeln. Außerdem tragen bestimmte Risikofaktoren wie hohes Alter, starkes Übergewicht sowie Vorerkrankungen der Lunge und des Herzens dazu bei, Langzeitfolgen zu begünstigen.

(dho)