Allgemeine Medizin

KI-Systeme bergen großes Potenzial

Algorithmen haben längst Einzug in unseren Alltag gehalten und sind aus diesem nicht mehr wegzudenken. Auch in der Medizin gilt Künstliche Intelligenz (KI) als die Zukunftstechnologie schlechthin. Ihre Anwendungsbereiche sind vielfältig, das Potenzial scheinbar grenzenlos.

24.09.2021
Bei der Weiterverarbeitung und Analyse von Daten arbeiten KI-Systeme ähnlich wie das menschliche Gehirn mit neuronalen Netzwerken, sind allerdings wesentlich schneller.  Foto: AdobeStock/peshkov Bei der Weiterverarbeitung und Analyse von Daten arbeiten KI-Systeme ähnlich wie das menschliche Gehirn mit neuronalen Netzwerken, sind allerdings wesentlich schneller. Foto: AdobeStock/peshkov

Die Entwicklung von KI-Systemen im Bereich der Medizin steht immer noch am Anfang. In der täglichen Arbeit von Krankenhäusern und Arztpraxen spielen sie aktuell keine oder zumindest kaum eine Rolle. Das wird sich allerdings ändern, darin sind sich Experten einig. In Deutschland wurde mit dem Institut für Künstliche Intelligenz in der Medizin (IKIM) 2020 eine eigene Einrichtung für dieses Thema geschaffen. Dort sollen die Möglichkeiten von KI wissenschaftlich analysiert und ausgelotet werden. Und die sind durchaus enorm.
Dass eine KI im Zusammenspiel mit Robotern eine Operation eigenständig durchführt, ist zwar noch absolut undenkbar. Aber Bereiche wie Diagnostik und Früherkennung werden sie in absehbarer Zeit revolutionieren. Das hängt vor allem mit einem Punkt zusammen, bei dem sie dem Menschen bereits jetzt klar überlegen sind: dem Leistungsvermögen bei der Analyse von Daten.
Wer von KI spricht, meint in der Regel maschinelles Lernen, auch Deep Learning genannt. Während über die genaue Definition von Künstlicher Intelligenz noch diskutiert wird, gibt letzterer Begriff einen guten ersten Einblick, wie die smarten Programme funktionieren. Denn sie sind tatsächlich lernfähig, erkennen Muster und ziehen eigene Schlüsse. Dazu werden sie mit Daten gefüttert. Die Menge und die Qualität der Daten sind dabei von entscheidender Bedeutung. Ist das der Fall, sind KIs bereits heute in der Lage, erstaunliche Ergebnisse zu erzielen.
Wissenschaftler des Deutschen Krebsforschungszentrums, der Universität Heidelberg und des Nationalen Centrums für Tumorerkrankungen haben einen Algorithmus entwickelt, der verdächtige Hautveränderungen erkennen und einschätzen kann. 2019 ließen sie die KI in einer Studie gegen 157 Hautärzte von zwölf Universitätskliniken antreten. Sie sollten 100 Bilder von Hautauffälligkeiten analysieren. Bei 20 handelte es sich um schwarzen Hautkrebs, bei 80 um gutartige Muttermale. Dabei erwies sich der Algorithmus, der zuvor mit 12

378 anderen Bildern auf die Erkennung von schwarzen Hautkrebs trainiert wurde, als insgesamt präziser als die klinische Diagnostik. Nur sieben Dermatologen erzielten ein besseres Ergebnis als der Algorithmus, 14 schafften ein gleich gutes Ergebnis, 136 schnitten schlechter ab.
Ein ähnliches Resultat schaffte Google mit seiner KI-Sparte „DeepMind“ bei der Früherkennung von Brustkrebs. In einer Studie erreichte der Algorithmus eine höhere Genauigkeit als führende Radiologen. Auch bei der Diagnose von Lungenkrebs und Schlaganfällen anhand von CT-Scans wurden KIs bereits erfolgreich erprobt.
Die Fähigkeit, gigantische Datenmengen blitzschnell zu verarbeiten, kommt aber nicht nur in der Diagnostik und Früherkennung zum Tragen. Sie ist zum Beispiel auch für die Entwicklung von Medikamenten interessant. Der Einsatz von KI kann aufwendige und langwierige Analyse-Vorgänge deutlich effizienter gestalten und somit die Entwicklung beschleunigen. Das Frauenhofer-Institut für Kognitive Systeme, an dem zur Anwendung von KI geforscht wird, sieht außerdem roboterassistierte Chirurgie, die Überwachung chronischer Krankheiten und Krankenhausdatenmanagement als Einsatzgebiete.

Doch es gibt auch Projekte, die scheiterten und somit (vorerst) Grenzen und Risiken für den Einsatz von KI-Systemen in der Medizin aufzeigten. So wollte IBM mit seiner Künstlichen Intelligenz „Watson“, die 2011 weltweit für Aufsehen sorgte, als sie in der US-Quizshow „Jeopardy“ gegen zwei Großmeister des Spiels gewann, auch den Bereich der Therapieentwicklung revolutionieren. Das Programm soll Krebsärzte bei der Suche nach der geeignetsten Therapie beraten. Das Kopenhagener Reichskrankenhaus stoppte das Ganze jedoch, als „Watson“ für einen (wenn auch) fiktiven Fall ein falsches Medikament empfahl, das den Patienten getötet hätte. Der Leiter der Krebsabteilung übte anschließend scharfe Kritik an dem System. Das Deutsche Krebsforschungszentrum war ebenfalls ein Projektpartner, doch auch dort endete der Einsatz
von „Watson“ vorzeitig.

(dho)