Allgemeine Medizin

Keine Angst vor Videosprechstunden!

In der Krise waren sie eine Alternative ohne Ansteckungsrisiko. Doch auch nach Corona werden virtuelle Arztbesuche häufiger werden. Man muss nur die erste Hemmschwelle überwinden.

15.07.2020
Foto: AdobeStock/rocketclips

Während der gegenwärtigen Corona-Pandemie scheuen sich viele Patienten aus Angst vor Ansteckung davor, zum Arzt zu gehen, und sagen selbst wichtige Untersuchungstermine ab. Doch genau das kann gefährlich werden. Denn gerade chronisch Kranke und ältere Patienten brauchen kontinuierlich ärztlichen Rat und Hilfe. Eine Alternative für sie könnte eine Videosprechstunde sein. Doch stehen die Deutschen solchen Angeboten bislang eher kritisch gegenüber. Laut Digital Health-Index der Bertelsmann Stiftung belegt Deutschland im Vergleich mit anderen Ländern nur den vorletzten 16. Platz. Die Bedenken sind groß: Wie läuft das technisch ab? Sind meine Daten auch sicher? Bekomme ich die nötige Unterstützung, die ich brauche?

Technik und Datenschutz

Deshalb hat die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) in einer Patienteninformation die wichtigsten Punkte erklärt. Demnach benötigen Patienten für die Videosprechstunde keine besondere Technik. Ein Computer, ein Tablet oder ein Smartphone mit Bildschirm oder Display, Kamera, Mikrofon und Lautsprecher sowie eine Internetverbindung reichen aus.
Damit die Verbindung auch sicher ist und das mit dem Arzt oder der Ärztin Besprochene auch im virtuellen Sprechzimmer bleibt, läuft sie über einen Videodienstanbieter, den die Praxis beauftragt.
Vor der ersten Online-Videosprechstunde wird man über Fragen des Datenschutzes aufgeklärt. Das bedeutet auch, dass es strafrechtlich verboten ist, das Gespräch aufzuzeichnen oder zu filmen. Darüber hinaus gibt es Tipps zur Beleuchtung und zur idealen – ruhigen – Umgebung. Eine digital zu unterschreibende Einwilligungserklärung zur Nutzung der Daten über den Videodienst kommt entweder vom Arzt oder über den Videodienst selbst.

Psychotherapie per Video

Auch die Psychotherapeuten haben in der Krise schnell reagiert, um die jetzt besonders große Nachfrage nach Behandlungen begegnen zu können. In einer Blitzumfrage hatte der Berufsverband seine Mitglieder zur Nutzung von Video-Software und Telefon während der Corona-Pandemie befragt. 77 Prozent der Umfrageteilnehmer gaben an, dass sie die Möglichkeit psychotherapeutischer Videositzungen nutzen – 95 Prozent davon erst seit Beginn der Krise. Dennoch gebe es konkrete Nachteile gegenüber dem persönlichen Kontakt. 50 Prozent der Befragten gaben an, dass sie Video mehr anstrengt. Zudem erschwert das Fehlen des direkten Blickkontakts für 39 Prozent die Therapie.

Auch Kliniken beraten online

Auch Kliniken bieten vermehrt Videosprechstunden an. „Gerade unsere Krebspatienten, die aus ganz Sachsen und über die Landesgrenzen hinaus zu uns kommen, profitieren davon, wenn sie für ein Aufklärungsgespräch vor einer Operation, eine Zweitmeinung oder zur Nachsorge in unsere Ambulanz kommen. Diese Termine sind oft mit mehrstündigen Fahrten verbunden. Das lässt sich mit unserer Videosprechstunde nun vermeiden“, sagt Prof. Jürgen Weitz, Direktor der Klinik für Viszeral-, Gefäß- und Thoraxchirurgie des Universitäts-klinikums Carl Gustav Carus Dresden. „Während der Corona-Pandemie sorgt das neue Angebot zusätzlich für eine höhere Patientensicherheit. Denn das Immunsystem vieler unserer Krebspatienten ist durch eine der OP vorgeschalteten Chemotherapie oder durch die bereits erfolgte Operation geschwächt. Durch den Wegfall der Anfahrt in öffentlichen Verkehrsmitteln oder dem Aufenthalt in den Wartebereichen lässt sich das Infektionsrisiko deutlich senken – und das nicht nur in den Zeiten des Corona-Virus.“

Chancen mit Grenzen

Vieles von dem, was wir jetzt in der Corona-Zeit gelernt haben, wird sich auch nach der Krise halten. Videosprechstunden werden sicher häufiger in Anspruch genommen, schätzen Experten. Aber natürlich gibt es auch Grenzen, die bleiben werden, egal wie gut die Telemedizin funktionieren wird oder nicht. So sind manuelle Therapien und Untersuchungen aller Art am Bildschirm nicht zu machen. Und das ist auch gut so. (red)