Allgemeine Medizin

Impfmythen auf den Grund gegangen

Mythen zum Thema Impfen gibt es viele. Und das nicht erst seit der Corona-Pandemie. Impf-Experten geben hier Aufschluss darüber, was wahr ist und was nicht.

12.07.2021
Dass Impfungen hilfreich sind, ist wissenschaftlich vielfach belegt. Ihre vermeintliche Schädlichkeit hingegen nicht.  Foto: AdobeStock /Trsakaoe Dass Impfungen hilfreich sind, ist wissenschaftlich vielfach belegt. Ihre vermeintliche Schädlichkeit hingegen nicht. Foto: AdobeStock /Trsakaoe

Schon lange vor der Corona-Pandemie wurde das Thema Impfen kontrovers diskutiert. Dabei sind mit der Zeit viele Mythen entstanden, mit denen Impf-Skeptiker und -Gegner immer wieder argumentieren. Hier einige bekannte Aussagen gegen das Impfen und was an ihnen dran ist – analysiert und beurteilt von den Impf-Experten des Robert-Koch-Instituts und des Paul-Ehrlich-Instituts.

„Die Wirksamkeit von Impfungen wurde niemals belegt“
Nach geltendem Arzneimittelrecht erhält ein Impfstoff nur dann eine Zulassung, wenn nachgewiesen ist, dass er auch wirksam und verträglich ist. Den Nachweis muss der Hersteller in vorklinischen Untersuchungen und klinischen Prüfungen erbringen. Geprüft werden die wissenschaftlichen Belege auf EU-Ebene von der Europäischen Arzneimittelagentur EMA (European Medicines Agency). In Deutschland liegt die Verantwortung beim Paul-Ehrlich-Institut als Bundesinstitut für Impfstoffe und biomedizinische Arzneimittel. Darüber hinaus werden auch nach der Zulassung meist von den Herstellern, aber auch von unabhängigen Wissenschaftlern aus Universitäten und Forschungs­Instituten Studien durchgeführt, in denen die Wirksamkeit und Sicherheit von Impfungen fortlaufend untersucht wird.

„Die Existenz der behaupteten krankmachenden Erreger wurde bisher nie bewiesen“
Doch, denn sie sind die Voraussetzung für die Entwicklung der Impfstoffe. Ohne Erreger keine Impfung – so lautet eine Art Grundgesetz der Mikrobiologie. Impfstoffe werden auf der Basis von abgeschwächten oder inaktiven Krankheitserregern oder Bestandteilen gewonnen. Mitunter werden auch nah verwandte Erregerstämme zur Impfstoffherstellung verwendet. Ohne ein spezifisches Wissen um die Krankheitserreger wäre demzufolge eine systematische Impfstoffentwicklung nicht möglich.

„Impfungen schützen nicht langfristig“
Ob eine Impfung wiederholt werden muss oder nicht, ist von Impfstoff zu Impfstoff unterschiedlich. Wenn ein Kind im Rahmen der sogenannten Grundimmunisierung zweimalig eine Kombinationsspritze gegen Masern, Mumps und Röteln erhält, kann man davon ausgehen, dass der Immunschutz gegen Masern und Röteln tatsächlich ein Leben lang währt. Anders verhält es sich bei Tetanus, Diphtherie, Polio und Keuchhusten. Die Impfung gegen diese Krankheiten bietet fünf bis zehn Jahre Schutz – danach sollte sie wiederholt werden. Einen weitaus kürzeren Schutz bietet eine Grippeimpfung, da sich der Grippeerreger enorm schnell verändert und daher jedes Jahr in neuer Zusammensetzung aufgefrischt werden muss.

„Man kann trotz Impfung erkranken“
Keine einzige Impfung vermag ausnahmslos alle Geimpften zu schützen ebenso wie kein Medikament bei sämtlichen Patienten wirkt. Allerdings können Impfungen die Erkrankungswahrscheinlichkeit deutlich senken.
Zwei Beispiele: Bei einer Masernepidemie unter Schülern würden etwa 97 bis 98 Prozent der nicht Geimpften erkranken, bei den Geimpften hingegen nur zwei bis drei Prozent.
Bei einer Grippeschutz-Impfung fällt die Quote weniger gut aus: Je nach Alter und Gesundheitszustand schützt sie zwischen 40 und 75 Prozent der Geimpften vor Grippe. Die Effektivität des Schutzes kann auch durch nicht rechtzeitig durchgeführte Auffrischungen oder einen noch unvollständig aufgebauten Immunschutz geschmälert werden. Darüber hinaus gibt es Impfungen, die lediglich besonders schwere Erkrankungsverläufe verhindern wie die sogenannte BCG-Impfung gegen Tuberkulose.

„Impfungen verursachen die Krankheiten erst“
Nur sehr wenige Impfstoffe enthalten abgeschwächte, noch lebende Erreger. Diese können tatsächlich krankheitsähnliche Symptome hervorrufen – eine voll ausgeprägte Erkrankung entwickelt sich aber praktisch nie. Bekanntestes Beispiel sind die „Impfmasern“.

„Risiken und Nebenwirkungen sind unkalkulierbar“
Immer wieder ist in den vergangenen Jahren darüber gestritten worden, ob Autismus, Diabetes oder selbst Multiple Sklerose durch Impfungen ausgelöst werden könnten. Einen Nachweis dafür gibt es allerdings bis heute nicht, vielmehr sprechen die Ergebnisse zahlreicher Studien gegen einen Zusammenhang zwischen Impfungen und den genannten Krankheiten.

„Mit Impfungen will die Pharma-Industrie nur Geld machen“
Privatwirtschaftliche Unternehmen in allen Branchen haben ein legitimes Interesse, mit ihren Produkten Geld zu verdienen. Allerdings sollte man sich klarmachen, dass es einen großen finanziellen Unterschied zwischen dem Geschäft mit Arzneimitteln und dem mit Impfstoffen gibt. Mit Arzneimitteln lässt sich über 30 Mal mehr verdienen als mit Impfstoffen. Ein Grund dafür ist, dass Medikamente etwa von chronisch Kranken ein Leben lang eingenommen werden müssen, während Impfstoffe in der Regel nur wenige Male verabreicht werden. Aus Sicht der Pharma-Industrie ist das Geschäft mit Impfstoffen auch deshalb weniger attraktiv, weil die Herstellung von Impfstoffen weitaus komplexer und teurer ist als die von Arzneimitteln. (dho)