Allgemeine Medizin

„Die Diagnose Fettleber war ein Schock!“

Eine Fettleber fördert die Entstehung eines Diabetes Typ 2. Fernsehmoderatorin Andrea Ballschuh berichtet im Interview mit Bianca Lorenz, wie sie durch Zuckerverzicht die Kehrtwende schaffte und warum sie heute anderen dabei hilft.

21.04.2021

Frau Ballschuh, Sie sehen schlank, gesund und glücklich aus. Nicht gerade die Patientin, die man mit einer nichtalkoholischen Fettleber in Verbindung bringt. Und doch bekamen Sie vor einigen Jahren diese Diagnose. Warum?
Weil ich zu viele Süßigkeiten gegessen habe. Ich war „zuckersüchtig“. Zumindest fühlte ich mich so. Es gab keinen Tag ohne Süßes, ich „brauchte“ es regelrecht. Mit dem Ergebnis, dass mein Hausarzt durch Zufall eine nichtalkoholische Fettleber diagnostiziert hat, als ich gerade mal 43 und nicht stark übergewichtig war. Die Diagnose Fettleber war für mich ein Schock.

Wie realistisch war Ihre Angst, einen Diabetes Typ 2 zu entwickeln?
Diese Angst war sehr greifbar. Denn mein Arzt hat mir klargemacht, dass ich auf eine Insulinresistenz zusteuere, wenn ich so weitermache. Bis dahin dachte ich noch, dass nur stark übergewichtige oder alte Menschen Typ 2 Diabetes bekommen. Aber es gibt in Deutschland 7 bis 8 Millionen Menschen mit dieser Erkrankung und 2 Millionen, die nichts davon wissen – und das sind nicht nur alte Menschen. Leider bekommen auch immer mehr Jugendliche Typ-2-Diabetes.

Für die Entstehung einer nichtalkoholischen Fettleber sind eine ungesunde Ernährung und mangelnde Bewegung mitverantwortlich. Wie kamen Sie auf die Idee, vor allem auf Zucker zu verzichten?
Mein Arzt hat mir dringend geraten, meinen Zuckerkonsum massiv zu reduzieren, am besten erst mal ganz darauf zu verzichten. Das habe ich genau zwei Tage durchgehalten, dann bin ich wieder eingebrochen.
Meine Freundin Fabienne Bill hatte dann ein halbes Jahr später die Idee, eine Challenge über 90 Tage ohne Zucker zu machen, damit ich es schaffe, meinen Zuckerkonsum dauerhaft zu reduzieren. Ich hatte Angst davor. Ich konnte mir ein Leben ohne Zucker nicht vorstellen. Aber wir haben es geschafft.
Wir haben danach ein Buch über unsere Challenge geschrieben, der ein Bestseller wurde („Zucker is(s) nicht“) und ein Nachfolgebuch mit Rezepten für Festtage und Veranstaltungen. Inzwischen gibt es jedes Jahr in einer geschlossenen Facebook-Gruppe eine Zuckerfrei-Challenge mit über 8000 Menschen.

Sie haben tatsächlich drei Monate radikal auf Zucker verzichtet. Wie schwer ist Ihnen das gefallen?
Die erste Woche war hart, weil ich nur an Süßigkeiten gedacht habe. Ich bekam Kopfschmerzen, Händezittern, fühlte mich zunächst einmal schwach und müde – klassische Entzugserscheinungen. Aber dann war der Hieper auf Zucker auf einmal wie weggeblasen. Ich hatte auch keine Heißhungerattacken mehr. Plötzlich war alles ganz leicht.

Wo versteckt sich überall Zucker und warum kann auch viel Fruchtzucker der Leber schaden?
Neben den klassischen Süßigkeiten steckt Industriezucker in fast allen Fertigprodukten. Auch in Wurst, vielen Broten, in Gemüsebrühe, Sojasoße, Krautsalat, Rote Beete im Glas, Gewürzgurken im Glas etc. Es gibt allerdings auch Produkte ohne Zucker – aber die muss man suchen.
Am schlimmsten aber ist die künstlich zugesetzte Fruktose. Zu viel Fruchtzucker sorgt nicht nur dafür, dass unser Gehirn kein Sättigungshormon Leptin mehr ausschüttet (deshalb essen wir mehr, als wir brauchen, weil wir nicht signalisiert bekommen, dass wir satt sind), sondern die Leber verfettet durch die Fruktose. Der Grund: Während die Glukose aus dem Zucker vom Insulin über das Blut in die Zellen getragen wird, geht die Fruktose direkt in die Leber. Bekommt sie zu viel davon (Zucker besteht zu 50 Prozent aus Glukose und zu 50 Prozent aus Fruktose), verwandelt sie das „Zuviel“ in Fett um. Wenn dazu auch noch viel Obst kommt und künstliche Fruktose aus Fertigprodukten, kann das auf Dauer die Leber schädigen.

Der Verzicht hat sich für Sie gelohnt. Diabetes ist erst mal kein Thema mehr. Wie fühlen Sie sich damit?
Ich fühle mich frei und kein Sklave meiner Gelüste mehr. Meine Leber ist wieder normal, auch meine Blutwerte. Meine Blähungen sind weg. Ich habe keine Energietiefs mehr und schlafe besser.

Warum ist es Ihnen wichtig, andere Menschen für diesen Weg zu motivieren?
Als ich es allein versucht habe, von der Zuckersucht loszukommen, bin ich gnadenlos gescheitert. Ich hatte damals aber keinen Ansprechpartner für die Fakten, musste mir alles mühselig zusammensuchen. Weil Diabetes sehr schlimme Folgeerkrankungen mit sich bringen kann, bis hin zu Erblindung, Nierenversagen, Herzinfarkt und Schlaganfall möchte ich durch meine Erfahrungen anderen helfen, auch von der Zuckersucht loszukommen.
Wir melden uns regelmäßig live in der Gruppe, beantworten Fragen, motivieren, bauen auf. Inzwischen haben wir vielen tausend Menschen helfen können, ihre Langzeitblutzuckerwerte zu senken.