Allgemeine Medizin

Coronavirus: Maskenträger unter Beschuss

Anders als in China werden Menschen mit Mundschutz in Zeiten der Corona-Krise hierzulande teils verspottet oder gar verbal attackiert. Dabei gibt es chronisch Kranke, für die diese Schutzbarriere besonders wichtig ist.

17.03.2020
Foto: AdobeStock/tienuskin Foto: AdobeStock/tienuskin

Ein Husten in der Öffentlichkeit, ein Mundschutz im Gesicht – in der aktuellen Corona-Krise häufig Grund für Anfeindungen oder Spott. Doch nicht jeder, der hustet oder Mundschutz trägt, ist mit dem Coronavirus infiziert. Viele Mukoviszidose-Betroffene, aber auch Diabetiker erleben einen notwendigen Versorgungsgang in der Öffentlichkeit derzeit als Spießrutenlauf. Dabei gehören gerade sie zur besonders schützenswerten Risikogruppe der chronisch Kranken.

Unterdrücktes Immunsystem

„Inzwischen fühle ich mich dermaßen unwohl in der Öffentlichkeit – wenn ich überhaupt noch draußen bin. Beim letzten Wocheneinkauf, extra erst kurz vor Ladenschluss, war es besonders schlimm: Da waren ein paar Teenager, und neben Gelächter und dummen Sprüchen wurde dann noch extra gehustet beim Vorbeigehen, einer versuchte sogar mich anzuhusten!“, berichtet Miriam Stutzmann von ihren jüngsten Erlebnissen beim Lebensmittelkauf mit Mundschutz. Sie hat Mukoviszidose (Cystische Fibrose – CF), eine chronische, nicht ansteckende Lungenerkrankung, und ist seit einigen Jahren lungentransplantiert. Damit gehört sie zur Risikogruppe für Krankheitskeime aller Art, u. a. auch für das Coronavirus, denn seit der Transplantation nimmt sie immunsupprimierende Medikamente.

Mehr Toleranz, mehr Miteinander

Ein Mundschutz in der Öffentlichkeit gehört für Miriam Stutzmann daher schon lange zum Alltag, auch vor der aktuellen Epidemie. Viele negative Erfahrungen hat sie damit schon gemacht, angefangen von Anfeindungen bis hin zur Verspottung als hysterisch und überängstlich. „Selbst in normalen Zeiten verbinden die meisten Menschen mit einem Mundschutz immer noch: Oh nein, die hat was Ansteckendes. Auf die Idee, dass ich diejenige bin, die sich schützen muss, kommen die wenigsten.“, sagt Stutzmann und wünscht sich mehr Bewusstheit und Toleranz im öffentlichen Miteinander.

Nicht jeder Husten ist ansteckend

Auch Stephan Kruip, Bundesvorsitzender des Mukoviszidose e.V. und selbst von der Erkrankung betroffen, nimmt eine Veränderung in den Reaktionen der Menschen um sich herum wahr – Auslöser ist sein Husten, ein Hauptsymptom der Mukoviszidose. Aufgrund eines Gendefekts ist der Wasser-Salz-Haushalt bei den Betroffenen gestört, was zur Bildung sehr zäher Sekrete im Körper führt, die viele Organe schädigen, ganz besonders die Lunge. „Menschen, die an Mukoviszidose erkrankt sind, müssen sehr häufig und meist auch sehr heftig husten. Viele Leute um mich herum gehen aktuell sofort auf Distanz. Ich kann das gut verstehen, denn die anderen können ja nicht wissen, dass ich Mukoviszidose habe. Trotzdem fühlt es sich komisch an. Mein Körper reagiert dann unterbewusst oft mit einer regelrechten Hustenexplosion.“ Damit das verständliche Bedürfnis nach Eigenschutz nicht in Ablehnung und Feindseligkeit ausartet, ist umfassende Information wichtig.

Aufklärung gegen Diskriminierung

Seit über 55 Jahren ist die Aufklärung über die Erkrankung eine der Kernaufgaben des Mukoviszidose e.V. – in Krisenzeiten wie der Corona-Epidemie ist sie wichtiger denn je. So informiert der Verein täglich über Neuerungen im Corona-Geschehen auf der Internetseite und auf Social Media. Aktuell laufen zwei Aktionen auf Facebook und Instagram gegen eine Diskriminierung von Betroffenen in der Öffentlichkeit und mit der Bitte, die aktuellen Schutzmaßnahmen im gesellschaftlichen Leben ernst zu nehmen. Denn nur wenn alle Mitglieder der Gesellschaft zusammenhalten, sind die Schwachen geschützt.

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