Sport, Knochen und Gelenke

Wie Metall die Knochen heilt

Für großflächige Knochendeffekte an Armen und Beinen braucht man Ersatz. Nötig sind „kluge“ Implantate, die auch beim Heilen helfen. Forscher der Charité arbeiten daran.

04.05.2018
Im Verlauf von 24 Wochen füllt sich die honigwabenartige Struktur des Scaffolds mit neuem Knochenmaterial.   Foto: Julius Wolff Institut / Charité

Ein Unfall, eine Infektion oder ein Tumor am Knochen – und schon kann die Knochensubstanz an den Gliedmaßen erheblich schrumpfen. Knochendefekte dieser Art können nicht allein zur Ausheilung kommen und führen im schlimmsten Fall zum Verlust der Gliedmaße. Eine Möglichkeit der Behandlung besteht darin, körpereigenes Knochengewebe in entsprechender Größe und Stärke zu transplantieren. Dies gelingt jedoch oft nur in begrenztem Maße. Alternativ können Patienten mit großen Knochendefekten mit einer individuell angefertigten Titannetzwerkstruktur, einem sogenannten Titan Mesh Scaffold, versorgt werden.

Implantat aus dem Drucker

Hierfür wird ein dreidimensionaler Datensatz des betroffenen Knochens und des Defektes mittels Computertomographie erstellt. Mit einer speziellen Lasertechnik wird daraufhin der entsprechende Titan Mesh Scaffold im 3D-Druckverfahren individuell für den jeweiligen Patienten angefertigt. Während einer Operation wird dieses Implantat dann passgenau in den vorliegenden Knochendefekt eingesetzt.
Insgesamt 19 Patienten sind bisher am Centrum für Muskuloskeletale Chirurgie der Charité damit versorgt worden. Die Ergebnisse sind vielversprechend.

Füllung mit Eigenmaterial

Um die Knochenheilung anzuregen, wird der Titan Mesh Scaffold zusätzlich mit körpereigenem Knochen, Wachstumsfaktoren und Knochenersatzmaterial gefüllt. Ob das Design der Titannetzwerke daneben auch mechanisch optimiert und der Heilungsprozess noch weiter angeregt werden kann, hat jetzt ein interdisziplinäres Team aus Unfallchirurgen, Ingenieuren, Tierärzten und Biologen um Dr. Anne-Marie Pobloth vom Julius Wolff Institut der Charité geprüft. „Wir haben zunächst am Computermodell ein Scaffold in standardisierter Größe mechanobiologisch weiterentwickelt. Anschließend konnten wir im Großtiermodell den tatsächlichen Einfluss auf die Knochenheilung untersuchen. Da der Knochenheilungsprozess hier dem des Menschen sehr ähnlich ist, lassen sich Rückschlüsse auf dessen Heilung ziehen“, erklärt die Fachtierärztin.

Weiche Implantate besser

Der weiterentwickelte Scaffold besteht aus einer sich wiederholenden honigwabenartigen Struktur, die das Einwachsen von Knochengewebe durch Kanäle noch besser leiten soll. Variierende Durchmesser im Inneren der Konstruktion sorgen für unterschiedliche Festigkeitsoptionen. „Es hat sich gezeigt, dass weiche Implantate, die in Kombination mit einem klinisch anerkannten Plattensystem eine höhere mechanische Stimulation der Knochenheilung zulassen, bereits nach drei Monaten auf Röntgenaufnahmen eine schnellere Knochenbildung abbilden als die härteren Varianten“, sagt Unfallchirurg Privatdozent Dr. Philipp Schwabe. Die Biomechanik hatte also Einfluss auf die Quantität und Qualität des neu gebildeten Knochens. (red)