Kinder und Familie

„Pucken“ gefährdet Babys Hüfte

Säuglinge eng zu wickeln, ist wieder in Mode. Doch der Hüfte tut das nicht gut. Fehlstellungen und Wachstumsstörungen könnten die Folge sein, warnen Experten.

04.11.2016

Seit 20 Jahren gehört die Ultraschalluntersuchung der Säuglingshüfte zum allgemeinen Vorsorgeprogramm für Kinder. Die Deutsche Gesellschaft für Ultraschall in der Medizin (DEGUM) sieht die Erfolge des Screenings jedoch gefährdet: Der Trend, Babys eng in Tücher oder Decken einzuwickeln, um sie zu beruhigen und das Einschlafen zu erleichtern, könnte zu einer Zunahme der Hüftfehlstellungen führen, befürchten die Ultraschallexperten. „Beim klassischen Pucken werden die Beine in Streckstellung aneinandergebunden“, erläutert DEGUM-Expertin Dr. med. Tamara Seidl. Je nach Dauer des Puckens wirken hier Kräfte, die das Wachstum der Hüfte verändern und verlangsamen. Die Hüfte reift nicht normal aus, und es kann sich eine sogenannte Hüftdysplasie entwickeln, bei der Gelenkkopf und -pfanne nicht aufeinander passen. „Das geht bis hin zum Ausrenken des Gelenks“, betont Dr. Seidl. Problematisch wird es insbesondere dann, wenn die Veränderungen erst nach der dritten Vorsorgeuntersuchung auftreten. Denn bei der sogenannten „U3“ in der vierten bis fünften Lebenswoche untersuchen Kinderärzte die Hüften der Babys per Ultraschall und könnten die Schäden entdecken.

Kinder früh untersuchen

Aktuelle Zahlen aus Australien zeigen eine Verdreifachung der spät diagnostizierten Hüftdysplasie-Fälle nach dem dritten Lebensmonat – trotz eines frühen klinischen Screenings. „Die Ursachen für diese Entwicklung der letzten Jahre sind nicht ganz klar, aber ein Zusammenhang mit dem Pucken ist sehr wahrscheinlich“, so Dr. Seidl. In anderen Ländern, etwa der Türkei oder Japan, sollen Aufklärungskampagnen die Eltern von der umstrittenen Wickelmethode abbringen. Etwa vier Prozent aller Säuglinge kommen mit einer unreifen Hüfte zur Welt. Unbehandelt entwickeln diese Kinder einen hinkenden Gang. Seit 1996 ist die Ultraschalluntersuchung der Säuglingshüfte Bestandteil der „U3“ im Alter von vier bis fünf Lebenswochen. Kinder mit einem besonders hohen Risiko werden bereits mit wenigen Tagen im Rahmen der „U2“ geschallt. Das betrifft etwa Kinder, bei denen in der Familie schon Fälle von Hüftdysplasien aufgetreten sind oder auch Babys, die aus einer Beckenendlage geboren wurden. (red)