Haut, Haare und Ästhetik

Lipödem: Fettabsaugung kann helfen

Eine angeborene Fettverteilungsstörung macht vielen Frauen zu schaffen. Die Kosten für einen operativen Eingriff werden bislang noch nicht übernommen. Das könnte sich jedoch bald ändern.

09.10.2017
Betroffene stören sich vor allem an den typischen „Reiterhosen“ an den seitlichen Oberschenkeln.  Foto: Adobe Stock_kintarapong Betroffene stören sich vor allem an den typischen „Reiterhosen“ an den seitlichen Oberschenkeln. Foto: Adobe Stock_kintarapong
Foto: Lilium Klinik

Dr. med. Reinhard Titel
Facharzt für Chirurgie und Unfallchirurgie sowie Plastische, Ästhetische und Rekonstruktive Chirurgie
LILIUM Klinik Wiesbaden



Betroffene – fast nur Frauen – leiden extrem unter einem Lipödem – eine chronische, fortschreitende und schwer zu diagnostizierende Krankheit. Typisch für diese massive Fettverteilungsstörung sind die „Reiterhosen“. Dabei kommt es zu einer symmetrischen Vermehrung der Unterhaut und der Bildung von Ödemen, also einer Schwellung des Gewebes aufgrund von Flüssigkeitseinlagerungen.

Fettgewebe absaugen

Da die Ursache der Erkrankung bisher unbekannt ist, müssen Betroffene sich in der Regel lebenslang konservativen Therapien, wie Lymphdrainage, Kompression und Bewegungstherapie unterziehen, um die Beschwerden wenigstens etwas zu lindern. An der bestehenden Fettvermehrung können all diese Maßnahmen jedoch nichts ändern. Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) hat nun festgestellt, dass die Liposuktion (Fettabsaugung) beim Lipödem das Potenzial für eine Behandlungsalternative bietet. Bei diesem chirurgischen Eingriff wird das krankheitsbedingt vermehrte Fettgewebe entfernt. In der Regel sind für eine Behandlung jedoch mehrere Operationen nötig. Das heißt allerdings noch nicht, dass diese Therapie auch von den gesetzlichen Krankenkassen bezahlt wird. Eine Entscheidung darüber sei, so der G-BA, auf der Basis der vorliegenden wissenschaftlichen Daten noch nicht möglich.

Offene Fragen klären

Wegen dieser unzureichenden Studienlage hat der G-BA unlängst beschlossen, die laufende Bewertung der Methode auszusetzen und eine Studie zur Verbesserung der Erkenntnislage auf den Weg zu bringen. Mit Hilfe dieser Erprobungsstudie sollen die offenen Fragen beantwortet werden. „Wir wissen um den Leidensdruck der Patientinnen und die großen Erwartungen, die mit der Anwendung der Liposuktion verbunden sind. Bei der Aufnahme des Beratungsverfahrens hatten wir die Hoffnung, gute wissenschaftliche Studien zum medizinischen Nutzen des Eingriffs für die Patientinnen zu finden“, sagte Dr. Harald Deisler, unparteiisches Mitglied im G-BA und Vorsitzender des Unterausschusses Methodenbewertung in Berlin. „(…) Leider hat sich diese berechtigte Erwartung nicht erfüllt (…).“ Deshalb, so Deisler, müsse der G-BA das Instrument der Erprobungsstudie nutzen, um die wissenschaftliche Erkenntnislage zu verbessern.

Kostenübernahme ermöglicht

Im Rahmen dieser zukünftigen Erprobungsstudie werden für Studienteilnehmende die Kosten der Liposuktion übernommen. Bis dahin bleibt der reguläre Leistungsanspruch für gesetzlich Versicherte unverändert, sprich: Die Fettabsaugung wird nicht von der Krankenkasse bezahlt.
Ziel der Erprobungsstudie ist es, eine bessere Bewertung des Nutzens und der Risiken der Liposuktion auf einem ausreichend sicheren wissenschaftlichen Erkenntnisniveau zu ermöglichen. Bessern sich Symptome und Lebensqualität der Patienten? Sind nach der OP weitere konservativer Behandlung im Vergleich zu nicht-invasiven Maßnahmen nötig? Wie sieht es mit den Folge- beziehungsweise Wiederholungseingriffen aus?

Unabhängige Ergebnisse

Der G-BA ist vom Gesetzgeber beauftragt zu entscheiden, welchen Anspruch gesetzlich Krankenversicherte auf medizinische oder medizinisch-technische Untersuchungs- und Behandlungsmethoden haben. Im Rahmen eines strukturierten Bewertungsverfahrens überprüft der G-BA deshalb, ob Methoden oder Leistungen für eine ausreichende, zweckmäßige und wirtschaftliche Versorgung der Versicherten unter Berücksichtigung des allgemein anerkannten Standes der medizinischen Erkenntnisse in der vertragsärztlichen und/oder stationären Versorgung erforderlich sind. (red)