Gehirn, Psyche und Verhalten

Traumatherapie in Zeiten des Terrors

Der Terror ist mittlerweile in Europa allgegenwärtig. Doch wie kann man der Angst begegnen und wie Traumatisierten helfen?

21.08.2017

Paris, Brüssel, Nizza und jetzt Berlin. Seit Monaten werden wir mit Bildern und Informationen konfrontiert, die uns in Wut, Angst oder Ohnmacht zurücklassen. Wie belastend müssen die Ereignisse erst für die Verletzten und die Angehörigen der Opfer sein? „Bei intensiven Erlebnissen, die mit massiver Ohnmacht und existenzieller Bedrohung einhergehen, kann ein Trauma längerfristige psychische Folgen haben“, erklärt Christoph Middendorf, Facharzt für Psychotherapeutische Medizin.

Verarbeitung braucht Zeit

Wie sehr das Erlebte der Psyche schadet, hängt von verschiedenen Faktoren ab. Wie alt sind die Betroffenen? Wie stabil sind ihre sozialen Beziehungen? Sind sie durch ähnliche Ereignisse vorbelastet? All das beeinflusst den Umgang des Gehirns mit bedrohlichen Situationen. „Vor allem ein stabiles soziales Umfeld trägt dazu bei, dass Betroffene traumatische Erlebnisse besser verarbeiten“, so Middendorf. „Oft hilft schon das Gefühl, nicht allein zu sein und mit vertrauten Personen sprechen zu können.“
Allerdings bewältigen Gewaltopfer ihr Trauma langsamer als etwa Opfer von Verkehrsunfällen: „Menschen, die vorsätzliche Gewalt erlebt haben, verspüren oft ein tiefes Misstrauen gegenüber anderen. Dieser Zustand kann sehr lange anhalten“, so der Experte.
Eine traumatische Situation belastet das Selbst- und Weltverständnis so sehr, dass sie Hilflosigkeit, Angst, Trauer oder Schuld hervorruft. „Wer eine Extremsituation durchleben musste, sollte sich Zeit geben, um die Erinnerungen zu verarbeiten“, rät Middendorf. „In dieser Phase sollte man auf die eigenen Bedürfnisse achten.“

Erste Hilfe und Traumatherapie

Eine professionelle Erstversorgung der Betroffenen direkt im Anschluss an ein traumatisches Erlebnis ist sinnvoll. Für manche ist es ratsam, eine psychotherapeutische Beratung und Behandlung in Anspruch zu nehmen. Dadurch steigt die Chance, dass akute Belastungsreaktionen schneller wieder abklingen. Andernfalls kommt es zu einer posttraumatischen Belastungsstörung (PTBS) – oft noch nach einem halben Jahr. Schlafstörungen, Konzentrationsschwäche, Emotionslosigkeit, Überreiztheit und Abschottung können auf diese Belastungsstörung hindeuten. Hier kann eine professionelle Traumatherapie helfen, Stabilisierungstechniken zu vermitteln, Ängste zu mindern und eine heilsame Selbstreflexion zu ermöglichen. (red)