Gehirn, Psyche und Verhalten

Reizdarm psychosomatisch behandeln

Bauchgrimmen, Durchfall oder Verstopfungen – damit kämpfen heutzutage viele Menschen. Eine Studie zeigt, dass Stress und Angst hier eine große Rolle spielen und deshalb mittherapiert werden sollten.

19.11.2016

Rund elf Prozent der Weltbevölkerung leiden unter dem Reizdarmsyndrom. Typisch dafür sind chronische Bauchschmerzen, Unwohlsein, Blähungen, Verstopfungen und Durchfall. Diese Symptome schränken die Betroffenen im Alltag stark ein und senken deren Lebensqualität. Eine aktuelle Studie einer deutsch-amerikanischen Forschergruppe zeigt nun, dass Stress und Angstleiden die Entstehung eines Reizdarmsyndroms begünstigen. Die Deutsche Gesellschaft für Psychosomatische Medizin und Ärztliche Psychotherapie (DGPM) rät daher dazu, bei einem Reizdarmsyndrom immer auch eine psychosomatische Beratung in Betracht zu ziehen.

Stress und Angst spielen große Rolle

Im Rahmen einer durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) geförderten Kohortenstudie, also eine rein beobachtende Studie ohne Eingriffe in das Geschehen, befragten die Experten knapp 2000 Fernreisende. „Insbesondere wurde die Hypothese überprüft, inwieweit psychologische Faktoren wie Ängste oder Stress vorhersagen können, ob ein Reizdarmsyndrom neu entsteht und wie es sich entwickelt“, so Prof. Bernd Löwe, Studienleiter und Chefarzt der Universitären Klinik für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie am Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf. Das Ergebnis: Sowohl das Geschlecht, als auch die Anfälligkeit für Durchfallerkrankungen sowie Stress und seelische Belastungen, wie zum Beispiel übermäßige Ängste, spielen eine Rolle bei der Entstehung. Eine akute Infektion des Magen- und Darmtrakts löst dann in vielen Fällen den Beginn des Reizdarmsyndroms aus. Frauen waren deutlich häufiger betroffen als Männer. Auch bei Menschen, die zu Durchfall unter Stress neigten sowie unter Angststörungen litten, trat das Syndrom eher auf.

Auch seelische Ursachen behandeln

„Die Studie zeigt einmal mehr, dass Psyche und körperliche Beschwerden eng zusammenhängen“, sagt Professor Harald Gündel, Ärztlicher Direktor der Abteilung für Psychosomatik des Universitätsklinikums Ulm und Mediensprecher der DGPM. „Für die Betroffenen geht das Reizdarmsyndrom mit einem hohen Leidensdruck einher. Deshalb sollten neben körperlichen eben auch seelische Ursachen behandelt werden.“ Das gelte insbesondere dann, wenn das Reizdarmsyndrom beispielsweise während oder nach einer seelisch belastenden oder „stressigen“ Lebensphase, oder im Zusammenhang mit psychischen Erkrankungen auftritt. Bei einer unterstützenden psychotherapeutischen Behandlung könnten die Patienten lernen, mit Stressoren umzugehen, diese zu bekämpfen und dadurch gezielt die Ursachen des Reizdarmsyndroms einzudämmen, so Prof. Gündel. (red)