Frauen- und Männergesundheit

Nicht invasive Pränataltests plus Ultraschall

Deutschland diskutiert noch, ob Screening-Tests für Risikoschwangerschaften bezahlt werden sollen. Doch ohne Ultraschall bleiben die Aussagen ungenau, warnen Experten.

24.06.2019
Foto: Alexander Sell

Dr. Clara Park
Radiologin
RNS Gemeinschaftspraxis
Wiesbaden



Die immer größer werdenden Möglichkeiten der modernen Medizin stellen viele Eltern in spe vor eine schwierige Entscheidung: Wollen wir tatsächlich wissen, ob unser Kind gesund zur Welt kommt? Hat es Fehlbildungen oder angeborene Erkrankungen? Wie würden wir uns dann entscheiden? Und wie weit wollen wir für diese Antworten gehen?
Fest steht: Mehr Pränataltests wecken Begehrlichkeiten bei den Befürwortern. Forderungen nach einer Kostenerstattung der nicht invasiven Pränataltests (NIPT) durch die gesetzlichen Krankenkassen werden auch vom Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) für Risikoschwangere befürwortet.

Erbmaterial unter der Lupe

Auskunft erhoffen sich viele nicht nur von den Ultraschalluntersuchungen, sondern auch von den in Deutschland seit 2012 angebotenen Screeningtests – kurz NIPT genannt. Diese Tests ermöglichen ein zielgerichtetes Screening auf die Trisomien 21 (Downsyndrom), 13 (Pätau-Syndrom) und 18 (Edwards-Syndrom) sowie auf die Anzahl der Geschlechtschromosomen. Mithilfe dieser Tests untersuchen Mediziner das Blutplasma der Schwangeren, in dem sich nicht nur Teilstücke deren eigenen Erbmaterials befinden, sondern bis zu zehn Prozent zellfreie DNA der Plazenta.
Experten der Deutschen Gesellschaft für Ultraschall in der Medizin e.V. (DEGUM) machen darauf aufmerksam, dass eine differenzierte sonografische Untersuchung vor dem Test stattfinden muss. So sei es zum Beispiel sehr wichtig, dass eine differenzierte Ultraschalluntersuchung noch vor dem DNA-Test stattfindet, betont Professor Dr. Peter Kozlowski, Vorstandsmitglied der Deutschen Gesellschaft für Ultraschall in der Medizin e.V. (DEGUM) auf einer Pressekonferenz Ende April in Berlin. „Wir beobachten in der pränataldiagnostischen Beratung, dass ein unauffälliger Befund eines DNA-Screenings auf Trisomie mit einem gesunden Kind gleichgesetzt wird. Der Verzicht auf eine frühzeitige differenzierte Ultraschalluntersuchung kann auch zur Folge haben, dass Fehlbildungen des Ungeborenen erst spät entdeckt werden.“

Falsch positive Ergebnisse möglich

Gerade der DNA-Test birgt die Gefahr, dass neben falsch negativen auch falsch positive Testergebnisse vorliegen können. „Das kann die werdenden Eltern unnötig in große Besorgnis stürzen oder in falscher Sicherheit wiegen“, sagt Professor Kozlowski. Nach einem positiven Screeningbefund im Ultraschall oder durch Bluttests sei deshalb eine Absicherung durch diagnostische Punktion unabdingbar. „Wichtig zu wissen ist vor allem, dass der DNA-Bluttest keine Alternative zur frühen Ultraschallfeindiagnostik und zum Serumscreening ist, sondern vielmehr eine zusätzliche Untersuchung darstellt.“

Blick auf das Ungeborene

Die frühe Ultraschallfeindiagnostik – elementarer Teil des sogenannten Ersttrimester- Screenings – gehört zu den schonenden, nicht invasiven Methoden der Pränataldiagnostik. Das Screening kann zwischen Anfang der zwölften und Ende der 14. Schwangerschaftswoche durchgeführt werden und besteht aus einer möglichst differenzierten Untersuchung des Ungeborenen sowie einem Bluttest bei der Schwangeren. „Mehr als die Hälfte relevanter fetaler Fehlbildungen kann dabei frühzeitig erkannt werden“, erklärt Kozlowski. Doch die Untersuchung ist bisher nicht Bestandteil der Routinevorsorge in der Schwangerschaft und muss deshalb selbst finanziert werden. „Sie wird dennoch von einer großen Anzahl von Frauen in Anspruch genommen“, so der Mediziner.
Das Ersttrimester-Screening sei in allen mütterlichen Altersgruppen sinnvoll und empfehlenswert, da es nicht auf Erkennung der Trisomien 21, 13 und 18 fokussiert ist. Besonders bei jungen Frauen überwiegen andere genetische Erkrankungen der Föten. Auch Frauen mit problematischeren Schwangerschaftsverläufen rät der Experte zu solchen Untersuchungen.

Chromosomenstörungen erkennen

Mithilfe des feindiagnostischen Ultraschalls werden die Organe des Ungeborenen untersucht sowie die Breite der Gewebeflüssigkeit im Nackenbereich gemessen. Eine verdickte Nackentransparenz kann auf verschiedene Chromosomen-Abweichungen oder auch auf einen Herzfehler hindeuten.
Im Blut der Schwangeren werden bestimmte Hormon- und Eiweißwerte bestimmt: Zum einen wird das Hormon hCG (humanes Choriongonadotropin) gemessen. Ein erhöhter hCG-Wert kann auf eine Chromosomen-Störung beim Ungeborenen hinweisen.
Hinzu kommt die Messung des Eiweißes PAPP-A (pregnancy-associated plasma protein A) und des Wachstumsfaktors PLGF in der Plazenta. Ein niedriger PAPP-A-Wert kann ebenfalls ein Hinweis auf eine Chromosomen-Abweichung sein. „Aus den Werten PAPP-A und PLGF sowie durch Messungen der Blutversorgung der Plazenta und des mütterlichen Blutflusses können zudem die Risiken für Präeklampsie und für Wachstumsstörungen des Ungeborenen bestimmt werden“, erklärt Kozlowski.
Fazit: Die drei Ultraschall-Basisuntersuchungen als Bestandteil der Routinevorsorge und die aufgeführten zusätzlichen Screeningleistungen ergeben zusammen ein gutes Gesamtbild der pränatalen Vorsorge. „Dabei bildet der Ultraschall die Basis“, sagt Kozlowski, „und ist zum Beispiel auch für die Frauen wichtig, die das Risiko genetischer Störungen nicht erfahren wollen.“ (red)