Frauen- und Männergesundheit

Männerbrust durch Medikamente?

Frauenbrüste bei einem Mann – das ist für ein häufiges Phänomen. Neben Hormonmangel und Tumoren gelten auch bestimmte Medikamente als Auslöser.

17.09.2016
Foto: Alexander Sell

Dr. Clara Park
Radiologin
RNS Gemeinschaftspraxis
Wiesbaden



So wie Frauen können auch Männer unterschiedlich Brustformen haben. Wer viel trainiert, bekommt eine muskulöse Brust, wer kaum Muskeln aufbaut, bleibt einfach nur flach. Nicht selten aber wächst meist älteren Männern eine Frauenbrust mit einem hohen Anteil an Fettgewebe. Für die Betroffenen ist das sehr belastend. Doch was steckt dahinter?

Hormone und Tabletten

Eine Männerbrust, „Gynäkomastie“ genannt, kann verschiedene Ursachen haben. So kann ein Mangel an Testosteron oder ein Überschuss an dem weiblichen Hormon Östrogen schuld sein, wie es zum Beispiel bei einer Schilddrüsenüberfunktion der Fall ist. Aber auch Medikamente, die den Hormonhaushalt beeinflussen, können eine Männerbrust begünstigen. Dazu zählen östrogenhaltige Antiandrogene, die im Rahmen einer Therapie einer vergrößerten Prostata oder bei Prostatakrebs verordnet werden. Auch können Hormone zum Ausgleich eines Testosteronmangels (Hypogonadismus) diesen Prozess begünstigen. Viel häufiger jedoch verursachen Herzmedikamente mit dem Wirkstoff Digitalis, Bluthochdruck-Medikamente wie zum Beispiel ACE-Hemmer und Calcium-Antagonisten, Medikamente gegen Depressionen und Chemotherapeutika das Wachstum der Brust. Nicht zuletzt steigt mit dem Übergewicht das Risiko für eine Verfettung der Brust beim Mann. Stark übergewichtige, adipöse Männer haben deshalb häufig ebenfalls eine weibliche Brust.

Medikamente tauschen

Die Therapie der Gynäkomastie richtet sich nach den Ursachen. Bei Übergewicht kann eine Gewichtsabnahme, verbunden mit Krafttraining die Lösung sein. Sind Medikamente schuld, müssen diese möglicherweise abgesetzt bzw. durch andere ersetzt werden. Das gilt auch bei hormonellen Ursachen. Tritt die Gynäkomastie als Folge einer Hormonbehandlung wie zum Beispiel bei Testosteron-Behandlung auf, so kann man das Problem durch einen Austausch des Medikaments bzw. Pflasters lösen. Bei Medikamenten, die ein Patient im Rahmen einer Prostatakrebs-Therapie benötigt (meist Antiandrogene), ist das nicht ganz so einfach. Hier sollte man vorher die vergrößerte Brustdrüse bestrahlen, da sich diese auch nach dem Absetzen des Medikaments oft nicht mehr zurückbildet.

Antiöstrogene oder OP

Findet man keine Ursache (idiopathische Gynäkomastie), kann man drei bis vier Monate versuchen, das Problem mit Antiöstrogenen in den Griff zu kriegen. Kleinere Studien berichten über eine teilweise oder vollständige Rückbildung der Gynäkomastie. Erst wenn diese Maßnahmen nicht zu einer Rückbildung der Gynäkomastie führen, was vor allem dann der Fall ist, wenn die Männerbrust schon länger besteht, und mögliche Erkrankungen vom Hausarzt oder Urologen als Ursache ausgeschlossen wurden, bleibt noch der Weg über einen chirurgischen Eingriff und eine Entfernung der vergrößerten Brustdrüse. Univ.-Prof. Dr. Dr. h. c. Raymund E. Horch, Präsident der Deutschen Gesellschaft der Plastischen, Rekonstruktiven und Ästhetischen Chirurgen (DGPRÄC) weist jedoch darauf hin, dass man hier zwischen einer Gynäkomastie, bei der sich Brustdrüse und Fettgewebe vergrößerten, und einer Pseudogynäkomastie, die hauptsächlich aus Fettgewebe besteht, unterscheiden müsse: „Im ersten Fall wird die Brustdrüse und überschüssiges Fett mit dem Skalpell entfernt, bei der Pseudogynäkomastie hingegen ist je nach Ausprägung auch eine Absaugung des Fettes möglich“, berichtet Prof. Horch. „Fachärzte für Plastische Chirurgie sind für die operative Behandlung von Erkrankungen der Männerbrust jedenfalls speziell ausgebildet und als Anlaufstation für Betroffene eine richtige Adresse.“

Was tun bei Brustkrebs?

In seltenen Fällen kann auch Brustkrebs der Grund sein. Laut Krebsinformationsdienst erkrankten jährlich 620 Männer, das entspricht etwa einem Prozent aller Brustkrebspatienten. Die operative Behandlung ist der der Gynäkomastie sehr ähnlich. Da das männliche Brustgewebe in der Regel nicht so ausgeprägt ist, wird hier meist die gesamte Brustdrüse entfernt. Die„Andromastektomie“ hat meist ein gutes kosmetisches Ergebnis. (red)