Augen, Nase und Ohren

Protein steuert das Hören

Die Signalverarbeitung im Innenohr ist ein komplexer Vorgang. Forscher haben Steuerungsmechanismen entschlüsselt, die für angeborene Schwerhörigkeit verantwortlich sind.

07.05.2018

Akustische Signale können Ohren und Gehirn nur verarbeiten, wenn Schallwellen in elektrische Nervenimpulse umgewandelt werden. Möglich machen das die im Innenohr befindlichen Haarzellen, die mit Bündeln von feinen Härchen, den sogenannten Stereozilien, ausgestattet sind. Der Druck, den eine Schallwelle erzeugt, lenkt diese Härchenbündel entlang der Hörschnecke aus, was zur Umwandlung der Bewegung in einen elektrischen Impuls führt. Um diese Funktion erfüllen zu können, sind die Haarzellen bei Menschen und Tieren meist nach einem bestimmten System ausgerichtet und synchronisiert angeordnet. Wissenschaftler sprechen hier von „Polarität“. Störungen in der Architektur dieser sensorischen Haarzellen, ausgelöst etwa durch Gendefekte oder aber auch durch unerwünschte Nebenwirkungen von Arzneien, können zu Hörstörungen und Taubheit führen.

G-Proteine spielen Hauptrolle

Aus früheren Untersuchungen ist bekannt, dass die für Signalweiterleitungen im Körper zuständigen G-Proteine eine Rolle spielen könnten. Ein Regulator von G-Proteinen, der „G-protein signalling modulator 2“ (Gpsms2), gilt als wesentlich für die Polarität der Haarzellen im Innenohr. Dabei agiert Gpsms2 zusammen mit einem G-alpha-i-Protein. Da Letzteres in drei verschiedenen nahezu identischen Varianten vorkommt, glaubte man bislang, dass bei Funktionslosigkeit einer Variante die verbliebenen diese ersetzen können, um die Hörfähigkeit zu erhalten.
Doch dem ist nicht so. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der Universität Tübingen, des INSERM, Neurocentre Magendie, in Bordeaux sowie aus England und den USA haben nun herausgefunden, dass vor allem das Protein G-alpha-i3 die Anordnung und Ausrichtung feiner Härchen im Innenohr steuert, die beim Menschen und vielen an Land lebenden Wirbeltieren für die Hörfähigkeit grundlegend sind.

Vererbte Schwerhörigkeit

Die Teams von Dr. Mireille Montcouquiol (Bordeaux) und Professor Bernd Nürnberg (Tübingen) hatten bereits 2013 nachweisen können, dass nur eine Isoform, nämlich G-alpha-i3, die systematische Anordnung der Haarzellen sicherstellt. Die jetzt publizierte Arbeit beschreibt, dass sowohl die Zahl und Länge als auch die Architektur der Stereozilienbündel auf den Haarzellen in der Hörschnecke durch G-alpha-i3 gesteuert wird.
Tatsächlich gibt es eine Reihe klinischer Berichte über Patienten mit G-alpha-i3-Gendefekten, die unter Schwerhörigkeit leiden. Die neuen Erkenntnisse könnten ein Ansatz sein, wie genetisch bedingte Schwerhörigkeit künftig behandelt werden könnte. (red)