Alters- und Palliativmedizin

Senioren sollten die Schilddrüse im Blick behalten

Viele Menschen in Deutschland leiden unter Funktionsstörungen der Schilddrüse, ohne es zu wissen. Vor allem Ältere sind betroffen.

17.11.2016

In einer retrospektiven Vergleichsstudie der Deutschen Gesellschaft für Endokrinologie wurden zwischen 2002 und 2012 mehr als 17.000 Personen über 65 Jahre untersucht. Sie hatten normale Werte beim freien Thyroxin (T4). Das Ergebnis: Sowohl bei leichter Schilddrüsenunterfunktion (subklinische Hypothyreose) wie bei leichter Überfunktion (subklinischer Hyperthyreose) stellten die Wissenschaftler eine erhöhte Sterblichkeitsrate fest. Die 17.440 Personen (davon 10 289 Frauen), die in der Beobachtungsperiode bis zu zehn Jahre keine Schilddrüsenmedikamente erhalten durften, wurden in drei Gruppen eingeteilt: TSH-Spiegel normal (85.7%), erhöht (>4.2 mU/L, 11.2% = subklinische Hypothyreose) und erniedrigt (<0.35 mU/L, 3.1% = subklinische Hyperthyreose). Das Durchschnittsalter lag bei 83 Jahren.
Beide Funktionsstörungen standen deutlich mit einer erhöhten Sterblichkeit in Zusammenhang, am stärksten im ersten Jahr. Aber auch nach zwei und fünf Jahren war die Sterblichkeitsrate noch erhöht. Damit stehen die Daten im Gegensatz zu mancher Empfehlung, leichte Unterfunktionen ohne besondere Umstände, wie etwa Antikörper, erst ab einem TSH-Wert von 10 mU/L zu therapieren. Die Analyse spricht daher vielmehr für eine Behandlung solcher Schilddrüsenfunktionszustände bei älteren Menschen. Ein deutlich höheres Sterberisiko als bei der subklinischen Unterfunktion fand sich für die leichte Überfunktion der Schilddrüse. Hier gab es schon länger die Empfehlung, insbesondere Männer über 65 Jahre zu therapieren: Man hatte vermehrt Herzinfarkte, Vorhofflimmern und Schlaganfälle beobachtet. Denn die Schilddrüse steuert über ihre Hormone viele Prozesse im Körper, unter anderem den Stoffwechsel und das Herz-Kreislaufsystem.(red)