Alters- und Palliativmedizin

Patientenwille weiter gestärkt

Eine Patientenverfügung hilft bei der Durchsetzung des eigenen Willens, sollte man meinen. Doch in der Praxis wird dieser immer wieder umgangen. Ein aktuelles Gerichtsurteil könnte das ändern.

08.04.2019

Eine 78-jährige Frau liegt seit einem Schlaganfall im Wachkoma. Seit über zehn Jahren. Sie bekommt lebensverlängernde Maßnahmen wie Flüssigkeitszufuhr und künstlicher Ernährung. Doch ist das auch in ihrem Sinne? Schließlich hatte sie lange vor ihrer Krankheit schriftlich in einer Patientenverfügung festgehalten, was sie auch mündlich gegenüber Bekannten immer wieder geäußert hat: dass sie im Fall einer irreversiblen Hirnschädigung lieber sterben wollen würde. Doch als es dann zu diesem Zustand kam, waren sich ihre Betreuer uneins, ob man die lebensverlängernden Maßnahmen aufrechterhalten sollte oder nicht. Schließlich wurde ein Betreuungsgericht hinzugezogen. Doch das war nicht rechtens, urteilte der Bundesgerichtshof (BGH) in seiner jüngsten Entscheidung vom 14. November 2018 und hat damit die Patientenverfügung, die Rechte der Patienten und das persönliche Selbstbestimmungsrecht gestärkt.

Der Wunsch genügt

Der BGH urteilte, dass eine wirksame Patientenverfügung gemäß § 1901a Abs. 1 BGB der betroffenen Frau zur Umsetzung ihres darin geäußerten Wunsches nach Abbruch lebenserhaltender Maßnahmen allein ausreicht und von Ärzten und Angehörigen gleichermaßen zu akzeptieren und umzusetzen ist. Eine zusätzliche Überprüfung oder Genehmigung des Patientenwunsches durch ein Betreuungsgericht – auch zum Abbruch lebenserhaltender Maßnahmen – ist demnach nicht erforderlich. „Damit unterstreicht der BGH die große Bedeutung des persönlichen Selbstbestimmungsrechts. Denn mit einer Patientenverfügung darf jeder sein Leben rechtsverbindlich und ohne weitere Genehmigung individuell gestalten“, sagt Dr. Christian Probst, Rechtsanwalt und Gründer des Vorsorgeportals PatientenverfügungPlus.

Formulierung wichtig

Die vorliegende Entscheidung bestätigt damit die bisherige Rechtsprechung, verweist aber nochmals auf die Notwendigkeit inhaltlich wirksamer Formulierungen. Erst 2017 hatte das Gericht geurteilt, dass in der Verfügung klar geregelt sein muss, in welcher Behandlungssituation bestimmte ärztliche Maßnahmen durchgeführt werden bzw. unterbleiben sollen. Maßgeblich hierfür ist, dass Wünsche für bestimmte Lebenssituationen ausdrücklich formuliert werden. Unbestimmte Wendungen, wie ein bloßer Verweis, dass keine lebenserhaltenden Maßnahmen gewünscht sind, reichen für eine rechtlich wirksame Patientenverfügung nicht aus. „Je konkreter sie die eigenen Behandlungswünsche bei Krankheiten regelt, desto höher ist ihre Rechtssicherheit“, erklärt Dr. Probst. (red)