Alters- und Palliativmedizin

Diabetes und Übergewicht wegoperieren?

Der sogenannte Alterszucker und überflüssige Pfunde können auch durch eine Hormonerkrankung entstehen. Schuld ist ein gutartiger Tumor im Gehirn.

23.10.2018

Diabetes Typ 2 ist nicht immer die Folge von ungesundem Lebensstil und Genen. „Jenseits von Übergewicht, mangelnder Bewegung oder familiärer Veranlagung können die Ursachen dafür hormoneller Art sein“, sagt Professor Dr. med. Matthias M. Weber, Mediensprecher der Deutschen Gesellschaft für Endokrinologie (DGE). Es könnte auch ein „Cushing-Syndrom“ dahinterstecken, von dem in Deutschland etwa 3000 Menschen betroffen sind.

Überproduktion von Hormonen

Bei der seltenen Hormonerkrankung wird zu viel Cortisol ausgeschüttet. Das Stresshormon schwächt die Wirkung von Insulin ab. Der Blutzucker bleibt hoch. „Ursache für das Zuviel an Cortisol ist meist ein gutartiger hormonproduzierender Knoten in der Hirnanhangsdrüse. Diesen kann man heutzutage oft sehr gut operativ entfernen oder medikamentös behandeln“, erklärt Prof. Weber. Und so nebenbei auch den Diabetes heilen und die Gewichtsprobleme lösen?

Cortisol schwächt Insulin

Fest steht: Cortisol ist ein lebensnotwendiges Hormon. In akuten Belastungssituationen wird es sehr schnell in die Blutbahn ausgeschüttet. Es regt den Stoffwechsel an, wirkt entzündungshemmend und sorgt dafür, dass im Blut mehr Glukose – also Traubenzucker – als Energiequelle für die Zellen bereitgestellt wird. „Cortisol ist einer der wichtigsten hormonellen Gegenspieler von Insulin und schwächt dessen Wirkung in den Zellen ab. Mit dem Effekt, dass bei Cortisolüberschuss eine Insulinresistenz entstehen kann“, erklärt Professor Dr. med. Baptist Gallwitz, Mediensprecher der Deutschen Diabetes Gesellschaft (DDG).
Gleiches gilt für das Medikament Kortison. Dessen Einnahme oder Anwendung könne bis zum Auftreten eines Diabetes führen, so Weber.

Tumor regt das Wachstum an

Bei den Tumoren in der Hirnanhangsdrüse gibt es auch solche, die dazu führen, dass vermehrt Wachstumshormone ausgeschüttet werden. Bei Kindern kommt es zum sogenannten Riesenwuchs, der zu schnellem Wachstum, Gelenkschmerzen, Schwitzen und einer hohen Körpergröße führt. Bei Erwachsenen verändert sich nicht nur das Aussehen mit vergrößerter Nase, prägnanten Wangenknochen, überdimensionierten Händen und Füßen. Die „Akromegalie“ genannte Hormonstörung schädigt auch innere Organe und kann zu Herzerkrankungen und Diabetes führen.
Wenn der Tumor früh erkannt wird und noch kleiner als ein Zentimeter Durchmesser ist, sind die Heilungschancen sehr gut: Etwa 80 Prozent der Akromegalie-Patienten können durch die operative Entfernung des Tumors für immer von ihren Beschwerden geheilt werden. (red)