Allgemeine Medizin

Mit Schlaf gegen Hormonstörung

Ein paar Kilo zu viel auf den Hüften – das schadet selten. Sitzen die Pfunde dagegen am Bauch, wird es schon schwieriger. Genug Schlaf kann helfen. Doch wie viel ist gesund?

05.10.2017

Das „viszerale“ Fett am Bauch hat es in sich: Es ist besonders stoffwechselaktiv und kann die Gesundheit auf Dauer gefährden. Wer stark übergewichtig ist, riskiert deshalb, ein Metabolisches Syndrom zu entwickeln – eine weit verbreitete hormonelle Störung. Dazu zählen neben Fettleibigkeit hoher Blutdruck, hoher Blutzucker und erhöhte Blutfettwerte.
Jeder fünfte Erwachsene leidet in Deutschland darunter. Das Risiko für Herzinfarkt und Schlaganfall ist dadurch erhöht.
Als wesentliche Ursachen gelten Bewegungsmangel und Überernährung. Nach Einschätzung der Deutschen Gesellschaft für Endokrinologie (DGE) zählt nun auch zu wenig oder zu viel Schlaf dazu.

Tod durch Schlafmangel?

Die Beweislage ist laut Prof. Dr. med. Sebastian M. Schmid von der Medizinischen Universitätsklinik I in Lübeck eindeutig. „Jede Stunde weniger Schlaf pro Tag ist in epidemiologischen Studien mit einer Zunahme von Übergewicht, Typ-2-Diabetes, erhöhten Cholesterinwerten und einem Bluthochdruck verbunden“, so der Experte. Auch der Zusammenhang zwischen einer verkürzten nächtlichen Schlafdauer und einem erhöhten Sterberisiko gilt als belegt. „Chronischer Schlafmangel kann zu einem früheren Tod führen“, ist sich Prof. Dr. Schmid sicher.

Insulinaufnahme unmöglich

Den Ursachen sind Schmid und andere Forscher im Schlaflabor auf den Grund gegangen. Schlafentzug, aber auch eine Störung des normalen Tag-Nacht-Wechsels führten dort schon in wenigen Tagen zu einer hormonellen Störung, die als Insulinresistenz bezeichnet wird. „Die Patienten haben erhöhte Blutzuckerwerte, obwohl sie vermehrt Insulin produzieren“, erklärt Prof. Dr. Schmid. Außerdem verschiebt sich das Gleichgewicht von hungerregulierenden Hormonen. Die Folge: vermehrter Appetit. Im limbischen System des Gehirns kommt es zudem zu einer Aktivitätsänderung der Belohnungszentren. „Menschen mit Schlafmangel greifen dann gerne zu energiedichten Lebensmitteln wie Chips oder Schokoladenriegeln“, sagt der Experte aus Lübeck. „Auf Karotten oder andere gesunde Nahrungsmittel haben sie dagegen keine Lust.“ Nicht ausgeschlafene Menschen essen gerne und viel. Prof. Schmid fasst zusammen: „Die Studien zeigen, dass Schlafmangel Hunger, Appetit und letztlich auch die Nahrungsaufnahme steigern kann.“ Aber auch zu viel Schlaf wurde in mehreren Studien mit ungünstigen Folgen wie Übergewicht und einem höheren Risiko für Diabetes in Zusammenhang gebracht.
Eine Balance von Aktivität und Ruhephasen mit ausreichender Bewegung und der Vermeidung von übermäßigem Stress ist am besten bei sieben bis acht Stunden Schlaf gewährleistet. (red)